In der Stadt Datteln im Ruhrgebiet steht ein kleineres verlassenes Kraftwerk, das von der Firma EON betrieben wurde und derzeit abgebaut wird.
Geschichte des Kraftwerks in Datteln
In den 1960ern erbaut, betrieben die Firma EON und später Uniper Kraftwerke GmbH drei Kraftwerksblöcke in Datteln, die rund 303MW Leistung erbringen konnten. Zugleich diente das Kraftwerk der Fernwärmeversorgung, bei welcher jeder der drei Kraftwerksblöcke 84MW Leistung an Fernwärme liefern konnte.
Verwendet wurde die umgewandelte, elektrische Energie besonders von der Deutschen Bahn, die damit etwa 20% ihres Schienennetzes versorgte.
Kraftwerk Datteln 1-3 aufgegeben
In unmittelbarer Nähe zum EON Kraftwerk Datteln 1-3, auf der anderen Seite des Rhein-Herne Kanals, wurde 2007 ein neuer Kraftwerksblock Datteln 4 errichtet, der eine Leistung von 1100MW erbringen sollte. Der Bau verzögerte sich allerdings durch immer mehr Probleme mit Bebauungsplänen für das Gelände. Mit einer Sondergenehmigung wurde der Bau 2017 abgeschlossen, doch weitere Proteste und Klagen zögerten die Inbetriebnahme heraus. Schließlich konnte das neue Kraftwerk in Datteln am 30.05.2020 unter großem Protest zahlreichern Bürgerinnen und Bürger aus der Region, in Betrieb gehen. Die drei Blöcke aus dem deutlich kleineren Kraftwerk Datteln 1-3 wurden bereits kurz zuvor, im Jahr 2014, stillgelegt, nachdem sie über 50 Jahre Elektrizität erzeugten.
Nach der Stilllegung gewann das Werk durch einige Urbexer, die es besuchten und fotografierten, an Popularität als Lost Place in Datteln. Einer der ersten war dabei ruhrpottfotografie alias Ruhrpottbengel, der noch 2014 ein Video auf dem Gelände drehte. Eines der neusten Videos stammt von ItsMarvin, welcher die Anlage betrat und sogar Gebäudeteile mit Stromanbindung entdeckte. Zu dieser Zeit standen sogar noch diverse Turbinen und Fernwärmeanlagen in den Kraftwerkshallen. Das Werk ging relativ zeitgleich mit dem Kraftwerk Vilvoorde aus dem Betrieb.
Schließung von Datteln 1-3
Das verlassene Kraftwerk Datteln war mit seinen drei Blöcken schon 50 Jahre in Betrieb, als 2012 die Genehmigung des Weiterbetriebs ablief. Damaliger Betreiber EON hatte bereits 2006 die Schlüsse gefasst, das Werk abzuschalten, da es mit der Zeit ineffizient geworden war und nicht mit dem technischen Fortschritt mithalten konnte. Der Plan für das neue Werk gegenüber, stand damals noch nicht.
Dank der frühen Anzeige der Schließung, entging der Betreiber einer behördlichen Überprüfung der ausgestoßenen Schadstoffe. Hätte das Werk weiterbetrieben werden sollen, so wäre eine Aufrüstung und Modernisierung erforderlich gewesen.
Während das Kraftwerk also seinen letzten Betriebsjahren entgegensah, kamen Pläne für einen modernen Block 4 auf, der direkt gegenüber errichtet werden sollte. Es sollte nahtlos den Betrieb ab 2011 übernehmen. Das Kraftwerk war damals sehr umstritten, da eine größere Verschmutzung der Umgebung aufgrund der erhöhten Leistung befürchtet wurde. EON entschied sich im Zuge der wachsenden Kritik dazu, die theoretisch überfällige Aufrüstung des Werkes Datteln 1-3 mit neuen Filtern, 2010 durchzuführen, scheinbar um Kritiker etwas zu beschwichtigen.
EON hatte mit dieser Modernisierung eine große Summe Geld investiert und stellte daraufhin einen Antrag auf Verlängerung des Betriebs, der auch aus Bauverzögerungen beim vierten Block resultierte. Dieser wurde allerdings aus juristischen Gründen abgelehnt und das vereinbarte letzte Jahr 2012 stand vor der Türe.
Noch eine Betriebsverlängerung für Datteln 1-3
Glücklicherweise war das Werk ein großer Zulieferer für die Deutsche Bahn, weshalb deren Bedenkensäußerung zu Energieversorgungsproblemen im Winter, einer daraufhin ausgestellten Sondergenehmigung zum Weiterbetrieb, nicht geschadet haben dürften. Das Werk sollte aber nur bis zur Inbetriebnahme einer Umrichterstation im Februar 2014 weiterarbeiten. Ohne diese Station wäre in Datteln ein wichtiger Energieversorger der DB weggefallen. Ende Februar wurden die Blöcke 1, 2 und 3 endgültig heruntergefahren.
Datteln 4 war ein illegales Kraftwerk
Bereits zuvor war es nur unter einer Sondergenehmigung möglich gewesen, den Bau von Datteln 4 zu vollenden, da zahlreiche Klagen gegen den Bebauungsplan eine Hürde für die Errichtung des Kraftwerks darstellten. Nur rund ein Jahr nach Betriebsbeginn des neuen Blocks, stellte das Oberverwaltungsgericht NRW fest, dass der Bebauungsplan der Stadt Datteln aufgrund einer fehlerhaften Standortauswahl für das Kraftwerk, ungültig war. Eine Abschaltung, wie sie von einigen Bürgern und Bürgerinnen der Region in Folge dessen erhofft wurde, blieb allerdings aus. Das Werk hätte zwar nicht an diesem Ort errichtet werden dürfen, durfte aber weiterhin betrieben werden, da es nicht gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz (ein toller Name für ein Gesetz zur Regelung schädlicher Umwelteinwirkungen) verstoße. Damals war auch vom „größten Schwarzbau Deutschlands“ die Rede.
Die Baustelle, die über zehn Jahre bestand, wurde mit Klagen umkämpft. So klagte Uniper selbst beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen zu scharfe Umweltauflagen, um den Grenzwert für den Quecksilber-Ausstoß, der weit aus schärfer, als der vom Gesetz vorgegebene Wert gewesen sein soll. Parallel klagte der Umweltverband BUND gegen den Genehmigungsbescheid des Werkes.
Datteln 4 konnte nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, um mit der verzögerten Abschaltung der ersten drei Blöcke, nahtlos in Betrieb zu gehen. Selbst 2017, als bereits die ersten Werke, wie zum Beispiel Kraftwerk Voerde, heruntergefahren worden waren, befand sich das neue Werk mit Block 4 noch immer im Bau. Zu dieser Zeit wurde in ganz Westeuropa kein einziges neues Kohlekraftwerk mehr errichtet.
Das neue Kraftwerk in Datteln soll übrigens bis Ende 2026 verkauft werden, da die Betreiberfirma Uniper verstaatlicht wurde und die Europäische Kommission, deren Aufgabe unter anderem die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit in der Wirtschaft ist, diesen Verkauf als erfordlich betrachtete.
Abbau der Türme mit besonderer Technik
Zum Rückbau der zwei großen Türme der Blöcke 1-3 hat sich das Rückbau Unternehmen Landwehr einer speziellen Technik angenommen, bei der die Türme Stück um Stück von oben nach unten abgebrochen werden. Hintergrund war das Verbot einer Sprengung. Ein spezieller, ferngesteuerter Bagger wurde oben auf dem weißen Turm platziert, um diesen von oben herab abzubauen. Für den Abriss wurde ein rund 200 Meter hoher Kran zwischen den zwei Türmen aufgebaut, der den Abbruch-Roboter darauf unterstützt. Ein breiter, deutlich niedrigerer Kühlturm, wurde bereits mit einer Abrissbirne kontrolliert zum Einsturz gebracht.
Ein YouTube Video des Abrissunternehmens zeigt den Prozess aus der Luft gefilmt. Allgemein präsentiertierte das Unternehmen den Abrissprozess bis vor wenigen Monaten eindrucksvoll auf dem eigenen YouTube Kanal. Es möchte außerdem diverse Reststoffe aus dem Abriss recyclen lassen, weshalb die einzelnen Bereiche des Kraftwerks sorgfältig getrennt und abgebaut werden, statt einfach alles auf einmal niederzurueißen. Eine Turbinenhalle, die mit ihren schönen Fliesen mal ein Highlight des Kraftwerks war, sowie der Leitstand, wurden bereits völlig demontiert.
Quellen
https://www.bmuv.de/faq/warum-durfte-das-kraftwerk-datteln-iv-ans-netz-gehen/
https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/
schwarzbau-datteln-4-wie-es-nach-dem-ovg-urteil-weitergeht/
https://www.bund-nrw.de/publikationen/detail/publication/
bund-hintergrund-steinkohlenkraftwerk-datteln-4/
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/datteln-4-der-groesste-
schwarzbau-deutschlands-geht-ans-netz/25439400.html
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s2514.pdf
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/
deutschland-kriegt-neues-kohlekraftwerk-gruene-fuer-stilllegung-16481661.html
https://rp-online.de/politik/uniper-und-umweltschuetzer-
klage-wegen-datteln_aid-19040465