Tuchfabrik Wegener

In Wittstock am Dosseteich steht die alte Tuchfabrik Wegener, deren großes Firmengelände seit 1990 nicht mehr in Betrieb ist.

Gründung der Tuchfabrik Wittstock

Die Tuchfabrik gehörte den zwei größten Tuchfabrikanten aus der Region. Wie die offizielle Webseite der Stadt es beschreibt, war Wittstock schon seit Jahrhunderten erfolgreicher Industriestandort für Tuchmachereien. Dies sei auf die besonders günstigen Bedingungen zurückzuführen, die sich durch zahlreiche Schäfereien in der Umgebung ergaben. Im frühen 19. Jahrhundert waren hier rund 275 Tuchbetriebe aktiv.

Die Wegener Uniform-Tuchfabrik in Wittstock

Friedrich Wilhelm Wegener erbaute 1822 seine erste Tuchfabrik im westlichen Zentrum der Stadt Wittstock und übergab die Fabrik 1855 an seinen Sohn Paul Georg.

Die Fabrik von Wegener vergrößerte sich ständig und übernahm 1895 auch die Fabrik in der Walkstraße gegenüber des Dosseteichs sowie eine Spinnerei am Rote-Mühle-Weg. Im Jahr 1900 verstarb der derzeitige Inhaber Paul Georg Wegener und der Fabrikant Emil Quandt aus Pritzwalk übernahmen die Firma. Dessen Tochter heiratete später den Tuchfabrikanten Fritz Paul. Fritz Pauls Firma und die Firma Wegener arbeiteten ab 1911 zusammen und beschäftigten 360 Arbeitskräfte.

Gründung und Erbauung der Fabrik

1911 schlossen sich die beiden Betriebe mit dem 1839 gegründeten Konkurrenten Gebrüder Draeger zu einem Unternehmen zusammen und es entstand die auf Uniformtuche spezialisierte Draeger-Paul-Wegener-Werke GmbH. Dabei wurde zuerst das flache Fabrikgebäude mit dem gezinkten Sheddach errichtet, später kam ein viergeschößiges Gebäude hinzu. Die Sheddach-Halle beherbergte fortan die Wäscherei, Färberei und die Trocknung. Das höhere Fabrikgebäude wurde von der Weberei genutzt.
1917 wurde dann das riesige Gebäude auf dem Gelände errichtet, das sechs Etagen hält und zu den höchsten Gebäuden der Stadt zählt.

Die Fabrik wurde einige Jahre erfolgreich geführt und war ein großer Arbeitgeber in der Region Wittstock. Einer der Inhaber der gemeinsam geführten Fabrik, Emil Quandt, verstarb 1925. Als 14 Jahre später der zweite Weltkrieg begann, wurde zeitweise enorm viel produziert, da Uniformen mehr denn je gebraucht wurden. 1945 wird die Fabrik dann von Sowjetischen Truppen besetzt und der damalige Besitzer Gerhard Quandt wurde in ein Internierungslager gebracht, wo er kurzdarauf verstarb. Grund für seine Inhaftierung war war die Beschuldigung mit der Unterstützung der Nationalsozialisten, indem die Fabrik Uniform-Tuch produzierte. Die Fabrik wurde enteignet und die Produktion stoppte.

Unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkrieges, etwa um 1950, kam eine Möbelfabrik auf dem Gelände unter, die als Volkseigener Betrieb unter dem Marxismus geführt wurde und insbesondere Küchen herstellte. 1985 wurde die Möbelproduktion modernisiert und es wurde zeitweise eine neuartige Lackherstellung erprobt, bei der Lacke sogar radioaktiv bestrahlt wurden. Die Möbelfabrik wurde später von der uni-plus Möbel-Fabrik GmbH übernommen. Noch bis 1995 wurden aktiv Küchen in den alten Hallen hergestellt, dann zog die Firma finanziell gedrungen um und gab das Gelände auf. 1998 wurde das Gelände endgültig verlassen.

Die Villa der Fabrikanten

Wie auch auf dem Gelände eines der ersten dokumentierten Lost Places auf unserer Karte, einer alten Ziegelei in Rees, gab es bei der Tuchfabrik Wittstock eine Fabrikanten-Villa. Sie existiert ebenfalls noch heute und steht direkt an einem Kreisverkehr an der Straße Walter-Schulz-Platz mit der Hausnummer 2.

Die Fenster sind mit Brettern verbarrikadiert und die blätternde Mauerfarbe lässt schon erahnen, was sich auf dem großen Gelände hinter der verlassenen Villa befindet.
Ganz oben an der Villa lässt sich übrigens sogar noch eine Malerei mit den Buchstaben „FWW“ erkennen, die für den Inhaber Friedrich Wilhelm Wegener stand.

Pläne für die alte Tuchfabrik

Nachdem die ehemalige Tuchfabrik Wittstock auch ihre Funktion als Möbelfabrik verloren hatte, stand sie einige Jahre leer. Bis in die späten 2010er Jahre gab es auch wenige Ideen einer neuen Verwendung des Geländes. Die Stadt Wittstock/Dosse erwarb das Gelände der ehemaligen Tuchfabrik im Dezember 2016 und gab eine Machbarkeitsstudie für einen Bildungscampus in Auftrag. Diese fiel positiv aus und erste Renovierungsmaßnahmen wurden eingeleitet. Hauptverantwortlich seien zwei Architekten aus Berlin, die 2019 den Architektenwettbewerb rund um den Bildungscampus gewonnen hatten.

In einem offiziellen Dokument der Stadt heißt es etwa: „Im Zeitraum 2020-2025 beabsichtigt die Stadt Wittstock/Dosse, mit der Tuchfabrik von 1905, der Direktorenvilla und dem Pro-
duktionsgebäude mit Kesselhaus alle drei erhaltenswerten Bestandsgebäude zu sanieren und damit
den Kern des historischen Gebäudeensembles von Einzeldenkmalen zu erhalten. Dies geschieht in
enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden“.

Für eine Übersicht über das Gelände empfehlen wir eine herausragende Dokumentation des rbb.

Weitere Informationen

Einschätzung des Ortes

Bekanntheit
30%
Gefahr
45%
Vandalismus
45%
Schwierigkeit des Betretens
30%

Adresse von Tuchfabrik Wegener

53°09’47.1″N 12°29’30.2″E
53.163063995, 12.491727563

Tuchfabrik Wegener Wegbeschreibung

Die verlassene Tuchfabrik in Wittstock liegt gegenüber des Dosseteichs und ist über die Walter-Schulz-Platz Straße erreichbar.

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In Wittstock bei Brandenburg gibt es eine große Lost Place Tuchfabrik.. Es ist ein ganz besonderer Lost Place. Wir haben ihn dokumentiert und über Hintergründe recherchiert.
Die verlassene Tuchfabrik in Wittstock liegt gegenüber des Dosseteichs und ist über die Walter-Schulz-Platz Straße erreichbar.Beim Betreten solltest du dich dennoch über geltene Rechte informieren und den Lost Place nicht alleine betreten.
Du findest diesen Ort unter 53°09’47.1″N 12°29’30.2″E. Bitte informiere dich zuvor über Rechte und Gefahren.

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