Verlassene Zeche in Forbach: Puits Simon

Die Zeche Puits Simon (auf Deutsch auch Grube Simon genannt) war ein bedeutendes Steinkohlen-Bergwerk in Forbach, Lothringen (Frankreich), nahe der Grenze zum Saarland. Mit insgesamt fünf Schächten handelte es sich um eine der größten Zechen im lothringischen Kohlerevier. Der Abbau begann im Jahr 1907, nachdem der erste Schacht einige Jahre zuvor abgeteuft worden war. Über fast neun Jahrzehnte (von 1907 bis 1997) prägte die Grube Simon die regionale Montanindustrie, bevor sie endgültig stillgelegt wurde.

Anfänge und Aufstieg (1904–1930er Jahre)

Bereits im 19. Jahrhundert hatten Geologen im Raum Forbach umfangreiche Steinkohlevorkommen entdeckt. Dennoch begann die planmäßige Erschließung des Reviers erst im Jahr 1904, als die Compagnie des houillères de Petite-Rosselle unter Leitung des Ingenieurs Guillaume Simon mit dem Abteufen des ersten Schachtes (Puits Simon No 1) startete. Was Begriffe wie „Abteufen“ bedeuten, erklären wir in einem anderen Artikel.
Nach einigen Jahren Bauzeit und der Installation einer wasserdichten Auskleidung (Tubbings) erreichte dieser erste Schacht eine Tiefe von rund 478 Metern. Die erste Förderung fand am 22. Februar 1907 statt.

Die Wahl des Standorts war sehr bedacht, denn das Lothringer Kohlebecken, das geologisch zum Saar-Lorraine-Revier gehörte, versprach einerseits große Vorräte an Steinkohle. Andererseits befand sich die Grube in einer industriell geprägten Grenzregion mit Nähe zum saarländischen Stahlrevier, was die Förderung wirtschaftlich attraktiv machte, da es gerade bei Stahlwerken mit ihren Hochöfen, viele potentielle Abnehmer gab. Finanzielle Rückendeckung erhielt das Bergwerk von der einflussreichen Industriellenfamilie Wendel, die maßgeblich in die Zeche investierte. Diese Unterstützung beschleunigte den Ausbau der Förderanlagen und die Entwicklung der Zeche in ihren Anfangsjahren.

Wegen Flutung: Schacht 1 muss stillgelegt werden

Nach der Inbetriebnahme des ersten Schachts im Jahr 1907 kam es bereits in den folgenden Betriebsjahren zu einem schwerwiegenden technischen Problem. Ende 1909 drang großflächig Grubenwasser in die unteren Sohlen von Schacht 1 ein. Die Ursache war vermutlich eine unzureichende Abdichtung der Schachtwände in Kombination mit geologisch schwierigen Schichten, die wasserführend waren. Der Schacht musste daraufhin vorübergehend stillgelegt werden. Erst im Laufe des Jahres 1910 gelang es durch den Einsatz leistungsstarker Pumpen, das Wasser aus den überfluteten Strecken abzusenken und die Arbeiten im Grubenfeld schrittweise wiederaufzunehmen. Die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts waren die Zeit der Zechen und des Bergbaus, doch die technische entwicklung fand ebenfalls erst zu dieser Zeit statt. Deshalb war es nicht selten, dass es zu Komplikationen bei den Teufarbeiten oder dem Betrieb kam, insbesondere auch in Bezug auf Wasser.

Trotz dieses Zwischenfalls setzte die Betreibergesellschaft den Ausbau der Tagesanlagen planmäßig fort. Bereits 1908 wurde mit dem Abteufen von Schacht 2 begonnen. Parallel dazu entstanden in den Jahren bis 1910 verschiedene Infrastrukturbauten, darunter ein Verwaltungsgebäude, eine Kaue mit angeschlossenem Waschbereich, technische Werkstätten sowie ein eigenes Kraftwerk zur Stromversorgung des Grubenbetriebs. Die Kohlenaufbereitung wurde durch den Bau einer zentralen Waschanlage ergänzt. Schacht 2 konnte 1914 offiziell in Betrieb genommen werden. Er war mit einer elektrisch angetriebenen Fördermaschine ausgestattet und trug wesentlich zur Stabilisierung der Förderungskapazität bei.

In den 1920er und 1930er Jahren erlebte Puits Simon eine Phase intensiver Förderung und Expansion. Um die Bewetterung (Frischluftzufuhr) sicherzustellen, wurde 1932–1933 Schacht 3 abgeteuft, der zunächst ausschließlich als Wetterschacht für die beiden Hauptförderschächte diente. Über die Funktionsweise von Wetterschächten erfährst du hier mehr Informationen.
Die Investitionen zahlten sich aus: Bereits 1938 förderte die Grube Simon nahezu eine Million Tonnen Steinkohle und gehörte damit zu den förderstärksten Bergwerken Lothringens. In dieser Vorkriegszeit entwickelte sich die Zeche zum wirtschaftlichen Rückgrat der Region und beschäftigte hunderte von Bergleuten.

Wiederaufbau und Modernisierung (1945–1970er Jahre)

Der Zweite Weltkrieg hinterließ auch im Bergwerk Simon deutliche Spuren. Nach der Befreiung Forbachs 1944/45 wurde festgestellt, dass weite Teile der Grube bis kurz unter die Tagesoberfläche (ca. 70 Meter) unter Wasser standen und viele Anlagen zerstört oder beschädigt waren. Mit großem Aufwand pumpten die neuen Betreiber, die verstaatlichte Houillères du Bassin de Lorraine (HBL), das Grubenwasser ab. Bereits im Juli 1946 waren die Grubengebäude entwässert, sodass der Abbau schrittweise fortgesetzt werden konnte. In den folgenden Jahren modernisierte man die Grube umfassend: Schacht 3, der vor dem Krieg nur der Bewetterung gedient hatte, wurde in den 1950er Jahren mit einer eigenen Fördermaschine, großen Ventilatoren, neuen Kaue-Einrichtungen und Büros ausgestattet, um nun auch zur Förderung beitragen zu können. Gleichzeitig trieb man den Schacht 4 voran, der ab 1947 abgeteuft und 1951 fertiggestellt wurde und fortan als zusätzlicher Wetterschacht für das expandierende Bergwerk diente.

In den wirtschaftlichen Boomjahren nach dem Krieg stieg der Bedarf an Kohle weiter an, und die Zeche Simon reagierte mit erneuten Ausbaumaßnahmen. Am 1. Januar 1958 begann die Abteufung von Schacht 5, dem letzten und tiefsten Schacht der Anlage. Diese neue Förderanlage wurde Mitte der 1960er Jahre fertiggestellt: Das stählerne Fördergerüst von Schacht 5 ragte 57 Meter hoch auf, der Schacht selbst erreichte eine Tiefe von über 1.100 Metern. Schacht 5 diente in erster Linie dem Material- und Mannschaftstransport in die immer tiefer gelegenen Abbaubereiche. Mit Inbetriebnahme der neuen Anlagen zählte die Grube Simon zu den modernsten Bergwerken Frankreichs dieser Zeit.

Im Jahr 1973 wurde die Förderung auf die Schächte 1, 2 und 5 konzentriert. Diese drei Schächte übernahmen ab diesem Zeitpunkt die gesamte Kohlegewinnung auf der Grube Simon. Schacht 3 wurde im Juni 1973 stillgelegt. Schacht 4 blieb zunächst in Betrieb, wurde jedoch 1988 ebenfalls geschlossen. Beide Schächte verloren damit ihre Funktion als Förderschächte. In der Folgezeit nutzte man sie ausschließlich zur Bewetterung der Gruben. Die zugehörigen Tagesanlagen wurden nach der jeweiligen Betriebseinstellung stillgelegt und nicht mehr instand gehalten. Trotz dieser Maßnahmen blieb die Grube Simon bis in die 1980er Jahre ein bedeutender Standort des lothringischen Steinkohlenbergbaus.

Letzte Betriebsjahre und Schließung (1980er–1997)

Die 1980er Jahre brachten das Ende des Steinkohlenbergbaus in Lothringen immer näher. So sollte sich in diesen Jahren eine der schwersten Grubenkatastrophen in der Geschichte der Zeche Simon ereignen.
Am 25. Februar 1985 ereignete sich in Schacht Simon eine verheerende Schlagwetter-Explosion, gefolgt von einer Kohlenstaubverpuffung, die 22 Bergleuten das Leben kostete. Über 100 weitere Kumpel wurden teils schwer verletzt. Dieses Unglück gilt als die letzte große Bergbaukatastrophe in Frankreich überhaupt. In der Folge wurde der Betreiber, die staatliche HBL, gerichtlich mitverantwortlich gemacht, was die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Sicherheitsprobleme in den alternden Bergwerken lenkte.

Trotz dieser Tragödie lief der Betrieb in den verbleibenden Schächten noch einige Jahre weiter. Mitte der 1980er wurden benachbarte Zechen stillgelegt und ihre Förderkapazitäten nach Forbach verlagert: So führte die Schließung des Traditionsbergwerks Wendel im Jahr 1985 dazu, dass sämtliche administrativen und technischen Aktivitäten im Osten des Reviers am Standort Simon gebündelt wurden. Die Betreiberfamilie hatte auch in die Zeche Simon investiert. Diese wurde nun zum letzten aktiven Förderstandort in der Region.

Der Niedergang des Steinkohlebergbaus ließ sich nicht aufhalten und auch das Ende der Zeche Simon rückte näher. Mit sinkender Rentabilität und erschöpften Flözen fiel schließlich die Entscheidung zur Aufgabe der Zeche. Am 5. Dezember 1997 wurde symbolisch der letzte Hunt Kohle zu Tage gefördert. Damit endete nach über 90 Jahren die aktive Geschichte der Grube Simon, was zugleich das Aus für den Kohlebergbau im östlichen Teil des lothringischen Reviers bedeutete. Kurz nach Förderende begann man, die Schächte zu verfüllen und große Teile der Anlage abzubauen.

Heutiger Zustand der verlassenen Zeche

Einer der erhaltenen Fördertürme der Zeche Puits Simon steht heute still und überwuchert als Industriedenkmal in Forbach. Nach der Stilllegung 1997 wurden weite Teile des Zechengeländes geräumt, darunter der Kohlenwäschekomplex und einige Nebengebäude, die bereits 1998 abgerissen wurden, um Platz zu schaffen. Allerdings blieben einige markante Teile der Zeche auch bestehen. So ragen die Fördergerüste von Schacht 1 und 2 der Zeche Simon noch immer in den Himmel. Auch das riesige Hauptgebäude, mit seinem auffälligen, gläsernen Rundbogen auf der Vorderseite, wurde erhalten. Dieses steht seit Juli 2002 unter Denkmalschutz. Trotz des Denkmalschutzes, befinden sich die alten Zechengebäude inzwischen in einem fortgeschrittenen Verfallszustand, da bisher keine neue Nutzung oder Erhaltungsmaßnahmen umgesetzt wurden. Lediglich einzelne Teile der Infrastruktur erfuhren eine Umnutzung. So wurde aus dem ehemaligen Ausbildungsgebäude ein technisches Schulzentrum. Was aus dem Lost Place werden soll, ist weiterhin unklar.

Weitere Informationen

Einschätzung des Ortes

Bekanntheit
75%
Gefahr
35%
Vandalismus
40%
Schwierigkeit des Betretens
15%

Adresse von Verlassene Zeche in Forbach: Puits Simon

49°12’10.1″N 6°54’52.5″E
49.20280, 6.914583

Verlassene Zeche in Forbach: Puits Simon Wegbeschreibung

Die verlassene Zeche befindet sich im westlichen Teil Frankreichs, nahe der deutschen Grenzen zu Saarbrücken. Dieser Lost Place befindet sich etwas abseits einer Wohnsiedlung in einem Waldstück unweit des Bergbau-Museums Carreau Wendel Museum.

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Die verlassene Zeche Simon ist schon aus zahlreichen YouTube-Videos bekannt.. Es ist ein ganz besonderer Lost Place. Wir haben ihn dokumentiert und über Hintergründe recherchiert.
Die verlassene Zeche befindet sich im westlichen Teil Frankreichs, nahe der deutschen Grenzen zu Saarbrücken. Dieser Lost Place befindet sich etwas abseits einer Wohnsiedlung in einem Waldstück unweit des Bergbau-Museums Carreau Wendel Museum.Beim Betreten solltest du dich dennoch über geltene Rechte informieren und den Lost Place nicht alleine betreten.
Du findest diesen Ort unter 49°12’10.1″N 6°54’52.5″E. Bitte informiere dich zuvor über Rechte und Gefahren.

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