Oftmals hat man als Urbexer auf Lost Places bereits ein komisches Gefühl von Bedrückung oder Unbehagen – meist natürlich ohne Begründung, doch mit der Geschichte der verlassenen Horror-Klinik Aprath in Wuppertal ist dieses verlassene Kinderkankenhaus wohl einer der gruseligsten Lost Places im Ruhrgebiet.
Die verlassene Klinik Aprath Wuppertal ist eine ehemalige Kinderklinik in Aprath, einer Ortsgemeinde in Wülfrath nahe Wuppertal, die als Lost Place längst über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus bekannt ist – nicht zuletzt aufgrund ihrer tragischen Geschichte. Hinter der Fassade dieses morbiden Ortes steckt eine Geschichte, die nach Bekanntwerden für Aufsehen sorgte.
Historischer Kontext – Die Entstehung der Klinik Aprath
Die Wurzeln der Klinik Aprath reichen zurück bis ins späte 19. Jahrhundert. Wuppertal war neben anderen Industriestädten schon früh in der Behandlung von an Tuberkulose erkrankten Kindern beteiligt, einer damals schwer heilbaren Lungenkrankheit. Dazu errichtet man 1910 die Kinderheilstätte Aprath für rund 510.000 Mark im nordwestlich vom Wuppertaler Stadtteil Elberfeld gelegenen Wülfrath. Die Einrichtung stand unter dem Bergischen Verein für Gemeinwohl mit anfangs 100 Betten für schulpflichtige Kinder. Betrieben wurde sie vom Unterverein Bergische Heilstätten für Lungenkranke Kinder e.V.
Die Einrichtung lag bewusst abgelegen in einem bewaldeten Areal am Rande von Wülfrath, zwischen Wuppertal-Vohwinkel und dem Neandertal. Die reine Luft der Höhenlage sollte heilend wirken auf Kinder, die an der lebensbedrohlichen Krankheit litten. Zu dieser Zeit entstanden etliche Sanatorien in den Wäldern.
Die damalige Bezeichnung der Wuppertaler Klinik war „Kinderheilstätte Aprath“. Im Fokus stand die sogenannte Liegekur, bei der Kinder stundenlang an der frischen Luft auf Pritschen ruhten. Diese Methode war typisch für die Zeit und galt als medizinisch sinnvoll. In der Folgezeit wurde das Gelände erweitert – neue Pavillons, ein Versorgungsgebäude, Schulräume und Wohnbereiche für das Personal kamen hinzu.
Die Klinik war kein Krankenhaus im klassischen Sinne, sondern eine Mischung aus medizinischer Einrichtung und Heim. Viele Kinder verbrachten hier Monate, manchmal Jahre ihres Lebens. Betreut wurden die Kinder von Schwestern, Ärzten – aber auch von Pflegepersonal ohne medizinische Ausbildung.
Ausbau und Vergrößerung der Klinik
1927 erweiterte man das Areal mit dem Bau des Haus 2, in welchem Jugendliche mit besonders ansteckender Tuberkulose behandelt werden sollten. Drei Jahre später folgte eine zweite Erweiterung, durch einen Kinderpavillon und ein Infektionshaus.
1936 kamen weitere Krankenhallen sowie ein Schulgebäude hinzu. Da die Behandlung von Tuberkulose oft sehr lange dauerte, schuf man damit eine Möglichkeit, die jungen Patienten weiter zu unterrichten, während sie nicht zur Schule gingen.
Die Kinderklinik zwischen den Kriegszeiten und der Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Klinik ihre Arbeit unter britischer Besatzung wieder auf. Während der NS-Zeit soll sie auch eingeschränkt betrieben worden sein. In den 1950er Jahren entwickelte sich Aprath zu einer renommierten Spezialklinik und erhielt staatliche Unterstützung. Zeitzeugen berichten bereits für diese Jahre von einem streng disziplinären Umgangston.
Seit 2002 ist die alte Lungenheilstätte in Wülfrath-Aprath ein Lost Place. Sie stand früher für Fortschritt und war eine etablierte Kinderklinik, aus der dank aktuellen Berichten eine Horror-Versuchsklinik wurde.

Das dunkle Kapitel der Klinik Aprath
Ein Bombenangriff zerstörte am 8. März 1945 große Teile der Heilstätte Aprath in NRW. Bombenangriffe waren in der Region nicht selten, so auch am 26.03.1944. Nach der Bombardierung war der Betrieb stark eingeschränkt und erst nach mehreren Jahren konnte die Klinik wieder aufgebaut und zugleich vergrößert werden. Bei der Vergrößerung wurden ein Labor und ein Schwesternwohnheim errichtet. Die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Lungenkrankheiten konnten gesteigert werden. In den Folgejahren sanken dank des medizinischen Fortschritts die Zahlen an Tuberkulosepatienten schließlich und die Auslastung der Klinik nahm ab. So wurde bald aus der Klinik Aprath ein pneumologisches Fachkrankenhaus, das sich unter Prof. Dr Georg Simons weiter mit Lungenkrankheiten beschäftigte.
Medikamententests an Kindern
Ein besonders dunkles Kapitel der Geschichte betrifft die Zeit zwischen 1947 und den frühen 1970er Jahren. Historische Recherchen und Studien zeigen, dass Medikamentenstudien an Kindern durchgeführt wurden. Unter anderem wurde 1956 das Schlafmittel Contergan (Wirkstoff: Thalidomid) an keuchhustenkranken Kindern getestet – noch bevor es offiziell auf den Markt kam. Die Kinder, so belegen Berichte, wurden ohne Zustimmung der Eltern behandelt. „Tests wie in Aprath, wurden damals vielfach als normal betrachtet“, so eine Pharmazeutin. Die eindeutigen Beweise, wie Patientenakten, fehlen jedoch. Für einige Medikamente sind Lieferungen an die Wuppertaler Einrichtung bestätigt worden.
So auch durch den damaligen Hersteller von Contergan, die Firma Grünenthal: „Wir bedauern zutiefst, dass unser Unternehmen in den 1950er und 60er Jahren Medikamententests in dieser Art durchgeführt hat. Die Methoden, die seinerzeit zur Überprüfung von Medikamenten an Kindern angewandt wurden, sind aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar.“
Auch andere Medikamente wurden ohne ausreichende Aufklärung verabreicht – die klinischen Standards, wie sie heute verbreitet sind, galten damals nicht. Nachdem den Kindern Medikamente verabreicht wurden, mussten sie über Stunden still liegen (Liegendkur), um sich von der Tuberkulose zu erholen. Allgemein gab es wenig sozialie Interaktion und viele von ihnen erlebten die Zeit in nahezu vollständiger Isolation.
Die Stimmen der Betroffenen der Klinik Aprath
Erst Jahrzehnte später meldeten sich ehemalige Patienten und Betroffene zu Wort. In Interviews, Fernsehdokumentationen und Selbsthilfegruppen berichten sie von einem Leben unter Zwang, Strafe, Isolation – und Gewalt. Die sogenannten „Tanten“, wie sie das Pflegepersonal nannten, wurden in diesen Berichten unter anderem als gewalttätig beschrieben. Psychische und physische Misshandlungen, Zwangsernährung, Einsperrungen und Isolation, Toilettenverbote und sogar sexualisierte Gewalt seien hier Alltag gewesen.
Jeden Morgen, jeden Nachmittag, Stunden lang still liegen. Und vorweg gab es Medikamente, erinnert sich Gudrun Stratmann, eine ehemalige Patientin der Klinik. „Wenn wir uns aufgestellt haben, um in den Frühstücksraum zu kommen, haben wir Medikamente bekommen, als Tablette oder in flüssiger Form. Von da sind wir zum Frühstück und dann auf die Liegebalkone in die Liegekur, und waren einfach ruhig und friedlich. Ich denke schon, dass das mit meinen Erfahrungen heute, dass das mit Medikamenten oder Sedierung zu tun hatte.“
Ein Betroffener berichtete in einem Interview: „Wir wurden nicht als Kinder gesehen. Wir waren Objekte. Wenn wir uns beschwerten, wurden wir bestraft, nicht gehört.“
Auswirkungen des Kriegs auf die Wuppertaler Heilstätte
Dessen Sohn Dr. Kurt Simon übernahm 1953 die Leitung. Als die Klinik langsam in die Jahre kam und sich modernere Einrichtungen auftaten, richtete man unter seiner Leitung 1978 mit der Seniorenpflegeheim Aprath GmbH ein Seniorenpflegeheim in der Klinik Aprath ein. Dieses konzentrierte sich auf schwere und besonders schwere Pflegefälle. Dr. Simon ging 1988 in den Ruhestand. Einige Jahre später legte auch das Seniorenheim seine Arbeit nieder.
Insolvenz, Übernahme und Betrug des Seniorenheims Aprath
Der Niedergang des Seniorenheims begann 2002, als sie vor der Insolvenz stand, deren Verfahren bis September 2005 lief, als schließlich ein niederländischer Investor gefunden werden konnte, welcher 3,7 Millionen Euro zur Rettung investieren wollte. Davon sollten 2,6 Millionen Euro in das Insolvenzverfahren fließen und eine Millionen Euro in die Sanierung des in die Jahre gekommenen Klinikgebäudes. Das Geld soll zunächst auf dem Vereinskonto eingezahlt worden sein. Die Sanierung der Klinik sollte mit diesen Geldern finanziert werden. Die Rettung verlief jedoch nicht wie geplant, sodass die Klinik am 26.4.2006 endgültig Insolvenz anmelden musste, da die Gelder ausgingen. Zu dieser Zeit wohnten noch 55 Personen in dem Heim, in dem 40 Mitarbeiter beschäftigt waren.
Millionen-Betrug in der Klinik Aprath?
Vom Vereinskonto des Betreibervereins der Klinik wurden vom September 2005 bis Anfang 2006 nachweislich rund 57.000€ im Laufe der Sanierung ausgegeben. Für die Verwendung weiterer rund 90.000 Euro zwischen Januar und April 2006 des Gesellschaftskontos fehlte jedoch jeder Nachweis, sodass der Verdacht auf Betrug und Veruntreuung aufkam. Hinzu kam der ungeklärte Verbleib von einer Millionen Euro. Diese stammte aus der Zuwendung des holländischen Investors. Später tauchten weitere Forderungen auf, zum Beispiel vom Landgericht Köln. Unterlagen und Belege waren nicht auffindbar.
Im März 2007 wurde der Ex-Vorstand des Klinik-Vereins wegen Betruges und Untreue verurteilt, darunter der Ex-Vorsitzende des Vereins. Ebenso betroffen waren der Vorstand des Seniorenpflegeheims Aprath, sowie ein Ex-Vorstandsmitglied. Sie sollen Gelder in Höhe von rund einer Millionen Euro veruntreut haben. Diese Gelder sollen aus den 3,7 Millionen Euro des Investors gestammt haben. Mit gegenseitigen Vollmachten hatten sich die Verurteilten an dem Geld bedient und vereinseigene Grundstücke als Sicherung für private Anschaffungen eingesetzt.
Umfunktionierung der Klinik Aprath zum Luxushotel
Im Januar 2009 stellte die Unterdüssel GmbH neue Pläne für die Klinik Aprath vor. Mithilfe von Investitionen in Höhe von 70 Millionen Euro soltle das gesamte Areal in eine Privatklinik samt 5-Sterne-Hotel umgebaut werden. Dabei sollte das ehemalige Hauptgebäude der Einrichtung saniert und umgebaut, Haus 3 abgerissen und das ehemalige Kesselhaus zu Loft-Wohnungen umgebaut werden. Zudem waren ein Hallenbad sowie ein Hubschrauberlandeplatz vorgesehen. Nach den Plänen der Unterdüssel GmbH wären so rund 200 bis 250 neue Arbeitsplätze entstanden.
Nachdem sich über ein Jahr lang nichts tat, kündigte die Firma im Februar 2010 erneut an, die Klinik schon bald umfunktionieren zu wollen. Ärzte seien bereits verpflichtet und Verträge für das Hotel bereits erstellt, sodass im Herbst 2010 mit dem Umbau begonnen könne, doch daraus wurde nichts. Im Februar 2011 sollten konkrete Pläne für das weitere Vorgehen präsentiert werden, doch ein Baubeginn wurde weiterhin nicht konkretisiert.
Durch ein Studentenprojekt, bei dem ein Horrorfilm in der leerstehenden Klinik gefilmt wurde und über das die lokalen Medien begeistert berichteten, gewann der Lost Place an Bekanntheit und verbreitete sich schnell als „Horror-Klinik“ in der Szene. Der Verfall durch Diebstahl und Vandalismus ab 2012 war enorm.
Abrisspläne für die Horror-Klinik ab 2012
Im September 2012 wurde bekannt, dass die Stadt Wülfrath dem Investor Unterdüssel GmbH eine Abrissgenehmigung für die Klinik und Nebengebäude erteilt hatte. Die Pläne von Luxus-Klinik mit Hotel seien begraben worden. Aktuell sei auf dem Areal nun nur noch von „Altenwohnungen, medizinischer Versorgung sowie einem kleinen Hotel“ die Rede.
In der Nacht vom 17. auf den 18.01.2014 wurden mehrere Brände im ehemaligen Hauptgebäude der Klinik gelegt, deren Löscharbeiten auf dem zugewachsenen Areal sich als äußerst schwierig erwiesen. Nach dem Brand kündigte der Eigentümer erneut an, die Klinik im Sommer 2014 abzureißen und das Gelände verkaufen zu wollen. Für den Abriss wurden 1,6 Millionen Euro eingeplant.
Verkaufspläne für das Sanatorium im Wald ab 2014
Im August 2014 begannen sichtbare Aufräumarbeiten. Dabei wurden Müll und Schutt aus den verwüsteten Räumen entfernt und abtransportiert. Alle Fenster und Türen des Untergeschosses wurden zugemauert. Die Eigentümer suchten nach einem Käufer, der das gesamte Areal übernimmt ob mit oder ohne darauf stehenden Gebäuden. Im April 2015 waren neue Pläne im Gespräch, eine Straftäterklinik bis 2020 zu bauen und nebenan eventuell ein medizinisches Ausbildungszentrum zu errichten. Zu dieser Zeit war von Abrisskosten in Höhe von 1,6 Millionen Euro die Rede.
Im August des selben Jahres gab es weitere Ideen für das Gelände, die unter anderem ein medizinisches Zentrum beschrieben. Die Pläne für eine neue Klinik wurden dabei wieder verworfen. Einen Monat später wurden erneut große Pläne für das Klinikgelände Aprath vorgestelt. Eine eigene Kommune sollte entstehen mit Klinik, Seniorenresidenz, Kita und Wochenmarkt und unter dem Namen „Park Aprath“ laufen und 260 Arbeitsplätze schaffen. Geplant waren dazu 90 Millionen Euro und Anfang 2017 sollte mit dem Bau begonnen werden. Das Hauptgebäude der Klinik sollte dabei erhalten bleiben und umfangreich saniert werden.
Weitere Entwicklungen der Klinik Aprath Wuppertal ab 2016
Erste Maßnahmen konnten ab 2016 beobacht werden, als die Vorbereitungen auf den Umbau begannen, in dem eine Überwachung des Geländes installiert und die ersten Räume von Unrat befreit wurden. Das marode Dach wurde geflickt und die Eingänge der Klinik verschlossen um weiterem Vandalismus vorzubeugen. Doch aus den anfänglich angelaufenen Maßnahmen wurde nichts. Als Mitte 2016 Nachforschungen durch die Medien angestellt wurden, wurde bekannt, dass nach wie vor nach Investoren gesucht wurde und erst rund 40% der Finanzierung gesichert worden seien. Der Baubeginn wurde wage auf Anfang 2018 gelegt, doch dabei schien es auch zu bleiben.
Der letzte Leiter der Einrichtung, Dr. Kurt Simon, verstarb 2017 im Alter von 96 Jahren und seine ehemalige Klinik war weiterhin ein Lost Place. Zuletzt war diese kameraüberwacht und die Zugänge zugemauert. In den Medien wurde es still um das Gelände.

Erst im Mai 2020 wurde der Lost Place in Wuppertal wieder Thema, als die CDU den Bau einer Klinik für psychisch kranke Straftäter im dortigen Landgerichtsbezirk vorschlug, doch daraus wurde nichts, was auch dem massiven Protest zahlreicher Anwohner folgte.

So steht die verlassene Klinik weiter im Wald und rottet vor sich hin. In der Urbex-Szene gewinnt sie zunehmend als verlassene Horror-Kinderklinik an Aufmerksamkeit und ihre tragische Geschichte wird immer bekannter.
Heute verfallen das Haus 1 und 2 der Lost Place Klinik immer weiter, die Untergeschosse sind zugemauert und das benachbarte, ehemalige Schwesternwohnheim wird bis heute als Wohnhaus genutzt.
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/doku-verschickungskinder-detmold-100.html
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