An vielen Stellen im europäischen Raum, wie auch in Lammersdorf, gibt es Überbleibsel aus der Zeit des kalten Kriegs: Funkstationen des Frühwarnsystems ACE-High.
Das Warnsystem war an ein weltweites Netzwerk geknüpft, das in den USA mit dem WACS (White Alice Communications System) begann und in Kanada mit der DEW-Line (Distant Early Warning) vernetzt wurde. Über Grönland knüpfte das Netz mit dem NARS (North Atlantic Radio System) an das europäische ACE-High Netz an, das bis nach Italien und dem Monte Giogo führte.
Funktionsweise des ACE-High Systems
Übertragen wurden UHF-Signale, die mit großen Parabolantennen gesendet wurden. Die technische Entwicklung war damals sehr modern und abhörsicher. Die Signalübertragung erfolgte über die Troposphäre, der niedrigsten Schicht der unserer Atmosphäre. In etwa fünf Kilometern Höhe werden die Signale von der Dichten Ionenschicht teilweise reflektiert, sodass sie im gleichen Winkel auf der anderen Seite empfangen werden können. Für möglichst große Distanzen, konnte unter Abstimmung auf die Höhe der Empfangseinheit, eine große Distanz zurückgelegt werden. Dementsprechend sind die Sendeeinheiten sowie die Empfänger nahezu waagerecht ausgerichtet. Die Technik der Signalübermittlung mithilfe der Troposphäre, nennt sich Troposcattering. Eine ausführliche Erklärung des Netzes findest du in unserem Artikel über eine der südlicheren ACE-High Stationen auf Sardinien.
Verbindungen von ALAZ Lammersdorf
- Emden – 328km Distanz
Troposcatter nach Norddeutschland - Mönchen-Gladbach Hehn – 57,6km Distanz
Eine Empfangsstation in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen NATO Hauptquartier, bei der mit Richtfunk auf Sichtweite kommuniziert wurde - Paris (Mont Florentin) – 336km Distanz
Verbindung zum Control Center Paris - Maastricht – 48,5km Distanz
Richtfunk auf Sichtweite - Chièvres – 175km Distanz
Empfangsstation in Hennegau mit Richtfunk auf Sichtweite
Für die Troposcatter Anlage waren Emden, Chiévres (Belgien) sowie Paris (Frankreich) die direkten Verbindungsziele. Weitere Verbindungen bestanden über Line of Sight Funk in die beschriebenen, umliegenden Gebiete.
Auch für die US Army Germany gab es eine Kommunikationsanlage, bei der ein Transmitter wichtige Standorte mit Lammersdorf, beziehungsweise dem sogenannten Standort Roetgen vernetzte. Dieser war mit dem Munitionsdepot Brüggen (67km Distanz) und einer Liegenschaft in Adenau (67km Distanz) verbunden.
Die Funkstation ALAZ bei Simmerath
Nach dem zweiten Weltkrieg installierten die Briten eine militärische Liegenschaft auf dem Hügel über Lammersdorf, die später von der British Army of the Rhine (BAOR Germany) übernommen wurde. Die Station wurde dann „RAF Roetgen“ getauft. Man riss die Stahltürme mit der Zeit ab und errichtete zwei neue Funkmasten aus Beton, die heute weiterhin bestehen und etliche Antennen und Sendeeinheiten tragen. Nach Abzug der britischen Rheinarmee wurden die Gebäude zu verschiedenen Zwecken von der Gemeinde Simmerath genutzt. Auch die großen Funktürme werden weiter teils militärisch und ansonsten zivil zur Transmission verschiedener Dienste genutzt.
So war Lammersdorf im ACE-High System integriert
Bei der Entstehung in den 50er Jahren war das Areal rund 38.400 Quadratmeter groß. Es wurde direkt neben der bestehenden Einrichtung der BOAR erbaut und wurde durch die deutsche Luftwaffe im Auftrag der NATO betrieben. Die BOAR richtete in den 70er Jahren eine weitere Scatter Verbindung nach Swingate in England ein, die allerdings nicht dem ACE-High System zugehörig war.
In dem Netzwerk gab es in unterteilten Regionen jeweils eine Control Station (PCC). Im AFNORTH Bereich war es die Station Oslo, in AFSOUTH die ACE-High-Station Rome und im AFCENT Bereich, also jenem Bereich um NRW, die ACE-High Station Paris North. An diese Station war Lammersdorf über eine Distanz von 336km verbunden.
Struktur der Liegenschaft
Die 38.400 Quadratmeter große Anlage ist mit heute weiterhin durch einen etwa zwei Meter hohen Zaun geschützt. Ein Sicherheitsstreifen zwischen Wald und Sicherheitszaun war ca. 12 Meter breit und wurde mit starken Flutlichtern bestrahlt. Früher schützte ihn ein ziviler Wachschutz mit Hunden, für die sogar ein Zwinger auf dem Gelände bereitstand.
Der Zwinger befand sich direkt am „Power building“, dass die Energieeinspeisung externer Versorger übernahm. des Weiteren waren hier zwei V12-Zylinder Notstromaggregate für die Versorgung der gesamten militärischen Liegenschaft installiert. Um die Hunde vor Generatorenlärm des Power buildings zu schützen, verlegte man ihren kleinen Bau auf eine freie Fläche direkt hinter den Troposcatter Antennen für Emden. Diese wurden leider entfernt, doch das Power building, sowie das benachbarte Wohngebäude, bestehen weiterhin. Es hatte eine Nutzfläche von rund 500 Quadratmetern und mehrere Schlafräume und Gästezimmer. Auch Funktechniker und Fahrdienste konnten hier unterkommen. Eine kleine Küche sowie ein Aufenthaltsraum mit externen Versorgungskräften, konnten von stationiertem Personal genutzt werden.
Im Kellerbereich befanden sich Lagerräume und die technischen Räume für die Heizungsanlage sowie die Wasseraufbereitungsanlage. Sie war an eine Wassserquelle und die eigene Kläranlage der Liegenschaft angeschlossen. Im Keller war außerdem ein kleiner Schutzraum eingerichtet, der für Gäste bereit stand. Ein weiterer Schutzraum befand sich in der Nähe des Personalgebäudes und hatte Platz für 20 Personen. Er lag sehr zentral, sodass er von allen Gebäuden der ACE-High-Station Lammersdorf schnell erreichbar war.
Neben zwei Funkmasten aus Beton und dem Wohngebäude, bestehen auch mehrere Garagen, ein Office sowie mehrere Werkstätten. Hinter dem ehemaligen Eingangstor, das über eine Bundesstraße erreichbar ist, erstreckt sich die Zufahrt zu der ehemaligen NATO Liegenschaft Simmerath.
Quellen: usarmygermany, Subterranea Britannica, ACE-High-Journal
3 Antworten
Es ist sehr traurig zu sehen, wie dort alles verkommt und vermüllt.
Ich war von Januar 1978 bis Juni 1984 als Soldat in Lammersdorf. Das war ein ganz anderes Leben als in der „normalen“ Bundeswehr.
Ich war heute mittag Vorort. Leider war am Gelände vor dem Zaun mehrere Förster aktiv, deswegen bin ich nicht weiter in die Gebäude gegangen. Habe jedoch einen Rundgang gemacht. Viele Türen waren offen, auch zu den unterirdischen Anlagen. Allgemein wir der Teil mit dem großen Sendemast noch aktiv verwendet. Das Gebiet mit dem kleinen ist verweist. Es gab mehrere sehr auffällige Schilder mit Achtung Kamera, jedoch habe ich bei meinem Rundgang auf dem Gelände des kleinen Sendemasts keine gefunden.
Wenn man in der Gegend ist könnte sich ein Besuch vielleicht gegen Abend lohnen. Es gibt eine Bushaltestelle direkt an der Einfahrt. Unauffälliges Parken sollte ein paar Meter weiter in einem kleinen Waldstück möglich sein.
Hi Marcel! Danke für deine ausführliche Beschreibung – klingt sehr spannend.