Im Depot Gießen befindet sich das ehemalige Atomwaffenlager Alten-Buseck, das auch als US-Site #4 bekannt war. Am 15.04.1979 wurde das Gelände zu militärischem Gebiet erklärt, das fortan von der Militärpolizei bewacht wurde und zur NATO gehörte. In Akten wurde es auch als „NATO-Site 4“ betitelt. Das verlassene Munitionsdepot Gießen war eines von insgesamt sechs bauähnlichen Depots in Deutschland, in denen ab 1979 thermonukleare Sprengköpfe für die Kurzstreckenrakete Lance gelagert wurden. Bei den Sprengköpfne handelte es sich um den atomaren Gefechtskopf W-70, der über eine Sprengkraft von 1-100 KT erreichen konnte, aber auch Granaten des Typs W-80 und W-85 wurden hier gelagert. Neben den thermonuklearen Sprengköpfen wurden auch spezielle „Neutronen“ Sprengköpfe in Gießen gelagert.
Sicherung vor Angreifern
Zur Überwachung des Areals wurde im Jahre 1979 ein Betonturm, der mit schusssicherem Glas ausgestattet war, eröffnet. Ähnliche Wachtürme gibt es in vielen anderen ehemaligen Munitionslagern, wie dem Munitionsdepot Kellinghusen. Auch weitere Sicherheitsmechanismen wie eine eine spezielle Mikrowellen-Alarmanlage und spezielle Scheinwerfer und Audioanlagen wurden eingebaut. Das gesamte Gelände sowie der umliegende Außenbereich, wurden nachts mit hellen Spot-Scheinwerfern abgeleuchtet. Mindestens zwei Soldaten besetzten den Wachturmen Nachts und verfolgten den Lichtschein zur Kontrolle und Überwachung. Insgesamt gab es zuletzt drei Wachtürme im Depot Gießen.
Mit der beginnenden Friendensbewegung konnte die Sicherheitsmaßnahme des neuen Wachturmes besser umgesetzt werden. Eine solche Erweiterung war nach außen sehr auffällig, doch da die Geheimhaltungsstufe des Geländes sank, konnte sie bedenkenlos durchgeführt werden. Atomwaffendepots, wie das Munitionsdepot Gießen, waren längst lokalisiert und die gelagerten Waffen erkannt worden. Die genaue Anzahl der gelagerten Sprengköpfe im Depot wurde allerdings nie bekannt. Die bloße Erkenntnis der Lagerung solcher Waffensysteme reichte jedoch für einen potentiellen Angriff auf das Gelände aus.
Hauptsächlich wurde das heute verlassene Waffenlager von der US-Army geschützt, welche die Sicherungszonen bewachte. Es gab einen dreifach umzäunten innersten Bereich, in dem sich die zwei Bunker befanden. Dort war die Anwendung von Schusswaffen gegen Eindringlinge auch mit tödlichem Ergebnis befohlen. Jeder Bunker enthielt Lance Warheads in Transportbehältern, sodass diese im Notfall schnell verfügbar waren. Jeden Morgen wurden die Sprengköpfe vom ältesten Sergeant gezählt und die Sicherungen der Bunker geprüft. Alles erfolgte streng nach Protokoll. Im inneren Bereich, der sogenannten SAS (Special Ammunition Site), gab es außerdem Waffenunterstände, die als MG-Stellungen zur Verteidigung dienten, sollten sich Eindringlinge dem Depot nähern. Hier standen auch Granaten, Maschinengewehre, Tränengas, Splitterschutzwesten und Feldkanonen des Typs FK-20 zur Verfügung.
Der Zaun, der den äußeren Teil des Geländes abschirmte, war mit sensiblen Sensoren ausgestattet, die Berührungen und Manipulationen erkennen konnten. Hätten es Eindringlinge geschafft, sich unbemerkt am Zaun zu schaffen zu machen, wären sie durch die Sensoren aufgeflogen. Allerdings stammten die meisten Auslösungen von Hasen, die sich durch den Zaun zwängten. Zur Verbesserung der Sicherheit wurden später zusätzlich Kameras installiert.
Wenn Bundeswehr-Soldaten die inneren Bereiche betreten wollten, wurden sie zunächst von zwei bis drei US-Soldaten kontrolliert und durften nur in Begleitung in das Depot. Dieser Zutritt erfolgte für die nächtliche Bestreifung durch ein Tor am Wachgebäude. Gründe für Besuche der Bundeswehr waren zum Beispiel die regelmäßig stattfindenen Wartungsarbeiten an den Sprengköpfen und Bunkern. Für solche Untersuchungen wurde zusätzlich ein Teil des umliegendes Waldgebietes gesperrt.
Stationierung von Soldaten
Das Sondermunitionslager Alten-Buseck befand sich in der Region Alten-Buseck, der sich in der Gemeinde Buseck, im Landkreis Gießen befindet. Es gab neben dem Lagerbereich für atomare Sprengköpfe auch ein Munitionsdepot der Bundeswehr mit 45 Munitionslagerhäusern. Die Mannschaften der Militärpolizei waren in der Steubenkaserne Gießen untergebracht.
Auch ein SAT (Security Alert Team) und BAF 1 (Back-up Alert Force) waren stets im Lager präsent. Die Reaktionszeit des SAT betrug lediglich dreißig Sekunden. Neben der Bewachung, war es auch für Reinigungsarbeiten im Aufenthaltsraum zuständig. Die BAF1 bestand aus den Soldaten der Freiwache. Die BAF2, die in der Steuben-Kaserne stationiert war, wurde im Alarmfall alarmiert. Weitere Kräfte konnten aus Giessen und Wetzlar angefordert werden.
Das 42 Hektar große Gelände, sowie die Steubenkaserne Gießen, wurden 1993 von der NATO bzw. der Bundeswehr aufgegeben.