In der kleinen Stadt Naila (Marxgrün) in Oberfranken befindet sich ein besonderer Lost Place: das ehemalige Betriebsgelände eines verlassenen Hartsteinwerks, zu dem ein großer Steinbruch gehörte.
In der Heinrich-Störrle Straße, die nach dem Gründer der heute verlassenen Fabrik benannt ist, steht ein großflächiges Industrieareal. Die Straße, die an die Lichtenberger Straße anschließt, führt über einen Bahnübergang auf ein mehrstöckiges Verwaltungsgebäude zu, an das ein verlassenes Wohnhaus mit zwei Fahrzeughallen anknüpft. Da die Bahnschienen direkt an diesem Gebäude vorbeiführen, fällt das verlassene Haus schnell ins Auge, was möglicherweise der Grund für den fortgeschrittenen Vandalismus ist. Das Gelände ist schließlich leicht über die breite Zufahrtsstraße zu erreichen, da es lediglich durch den Bahnübergang von der Straße getrennt ist.
Die vorbeifahrenen RB97 Bahnen halten direkt neben dem ehemaligen Werksgelände in einer derartig abgelegenen Haltestelle „Höllenthal“, dass diese bei Locals auch als „Station zur Hölle“ bekannt ist. Sie liegt auf der Strecke von Hof Hbf über Naila und Marxgrün. Außer einem kleinen Waldstück, einer großen Wiese und dem verlassenen Verwaltungsgebäude, gibt es hier eigentlich nichts, was diese Haltestelle rechtfertigen würde. Auf der gegenüberliegenden Seite wird der Getränkekonzern Frankenwald-Mineralbrunnen Getränke durch den Stebenbach von der Station getrennt.
Verlassener Steinbruch in Oberfranken
Zu dem Hartsteinwerk gehörte ein Steinbruch von rund 80.000m² Fläche, der bei Geologen als Diabas-Bruch NW von Marxgrün bekannt und als bedeutend eingestuft ist. Das Werk, welches sich rund 400m westlich des Verwaltungsgebäudes befindet, ist größtenteils noch mit alten Maschinen bestückt und verwittert langsam in der stillen Gegend, die auch aus Sicherheitsgründen aufgrund des schützenwerten, verlassenen Steinbruchs nicht betreten werden darf.
Neben der Abbruchkante steht schon seit rund 20 Jahren das verlassene Hartsteinwerk mit seinen vielen Förderbändern. Die verlassene Fabrik im Frankenwald befindet sich im Landkreis Hof in Oberfranken, Bayern. Ein Lost Place dieser Art ist relativ selten in der Bayrischen Region, die besonders für Kunststofffabriken, Maschinenbau und Keramikprodukte bekannt ist. Insbesondere zählt der Raum Hof-Bayreuth-Kulmbach zu den wichtigsten Textilzentren Deutschlands.
Von dem ehemaligen Fabrikgebäude führt ein Weg um den verlassenen Steinbruch herum bis zu einer weiteren großen Halle, in der vermutlich früher Fahrzeuge standen.
Einzigartiger Lost Place in Bayern: So arbeitete das Hartsteinwerk
Über die Förderbänder der heute verlassenen Fabrik wurde abgebrochenes Gestein aus dem heute ebenfalls verlassenen Steinbruch in das Werk transportiert und dort mit Steinbrechern verkleinert. Anschließend wurde das zerkleinerte Gestein sortiert und in Silos zwischengelagert, bevor es von LKW abgeholt wurde. Nicht benötigte Nebenprodukte wurden in große Haufen aussortiert.
Bestimmte Gesteinsarten konnten noch vor Ort weiterverarbeitet werden, indem sie über Förderbänder in eine weitere Sortieranlage geleitet und gesiebt wurden. Anschließend wurde das gesiebte Gestein in einem Silo zwischengelagert und konnte ebenfalls abtransportiert werden. Unter anderem kamen hier riesige Zerkleinerungsmaschinen der Firma Aulmann & Beckschulte zum Einsatz.
Besonders beeindruckend an diesem Lost Place ist, dass noch so viel von der Einrichtung vorhanden ist und die vielen Förderbänder noch nicht eingestürzt sind. Die Industrieruine im idyllischen Naila zeugt aus der florierenden Zeit der Schwerindustrie in Oberfranken.
Geschichte der Firma Störrle und des Hartsteinwerks in Marxgrün
Zu dem Hartstein Betrieb in Marxgrün gehörten zwei Firmen, die sich aus der Störrle Baustoffe GmbH & Co und der Störrle Baustoffe Verwaltungs-GmbH bestanden.
Störrle Baustoffe GmbH & Co.
Gegründet wurde das Unternehmen am 03.06.1987 von den damaligen Geschäftsführern Karlheinz Spörl (*25.05.1950) und Wieland Spörl (*22.11.1958). Beide brachten Einlagen in Höhe von 225.000DM in die Firma ein. Am 17.05.1999 verlegte man den Sitz von Marxgrün nach Berg. Zeitgleich zog sich Karlheinz Störl aus den Geschäften zurück und die Hartsteinwerke Vogtland GmbH trat mit 382.500DM in die Firma ein. Die Geschäfte liefen zu dieser Zeit nicht mehr gut und so wurde am 17.05.2001 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Kurze Zeit später, wurde am 02.07.2001 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, womit die Firma aufgelöst wurde. Nach einer Schlussverteilung, bei der alle verfügbaren Gelder auf Gläubiger in dem Insolvenzverfahren verteilt wurden, wurde das Verfahren am 20.11.2017 aufgehoben.
Störrle Baustoffe Verwaltungs-GmbH
Die Firma wurde zeitgleich mit der Störrle Baustoffe GmbH & Co von den beiden Unternehmern aus Hadermannsgrün gegründet. Nach dem Austritt Karlheinz Spörls aus beiden Firmen, übernimmt Matthias Wendel (*14.11.1956) dessen Rolle als Geschäftsführer am 17.05.1999. Zeitgleich mit der ersten Firma, wurde auch die Verwaltungs-GmbH am 30.04.1999 von Marxgrün nach Berg verlegt.
Weil die Geschäfte der ersten Firma in die Insolvenz führten, wurde auch für die Verwaltungs-GmbH ein Insolvenzantrag gestellt. Als am 16.07.2001 der zuvor gestellte Insolvenzantrag für die Störrle Baustoffe Verwaltungs-GmbH abgelehnt wurde, löste sich die Gesellschaft am 07.08.2001 auf.
Karlheinz Spörl ist seit 21.07.1989 als Geschäftsführer einer Mineralöl Firma aktiv, während Wieland Spörl der Branche treugeblieben und mittlerweile sechs Firmen verstrickt ist.
Neue Firma übernimmt den Steinbruch
Nach der Insolvenz der Störrle Firma, übernahm die HSD Diabas GmbH aus Berg den Steinbruch, baute dort inoffiziellen Quellen zufolge jedoch nur selten Gestein ab. Am 02.11.2011 wurde auch diese Firma gelöscht. Seither gilt der Steinbruch als verlassen und dient Tieren und Natur als Erholungsgebiet. In der grünen Gegend gibt es einige beeindruckende, grüne Orte – der Steinbruch darf jedoch nicht betreten werden.
Polizei und Gefahren im verlassenen Steinbruch
Bei einem Polizeiensatz am 22.05.2018 wurden die Einsatzkräfte in den verlassenen Steinbruch gerufen, weil dort Personen im geschützten Gebiet aufgefallen waren. Die Polizei griff daraufhin fünf Personen auf, welche in das verlassene Werk im Oberfränkischen Naila eingedrungen waren. In solchen Fällen ist die Polizei dazu verpflichtet, den Inhaber des Geländes auf den Hausfriedensbruch aufmerksam zu machen, worauf dieser unter gegebenen Umständen mit einer Anzeige reagieren kann.
Doch mit der Gruppe war an diesem Abend noch nicht genug. So konnte die Polizei zeitgleich zwei weitere Personen am verlassenen Hartsteinwerk aufgreifen, die sich augenscheinlich mit zahlreichen Sprühdosen auf den verlassenen Industriehallen verewigt und sich damit der Sachbeschädigung strafbar gemacht hatten.
In diesem Fall wurde die Polizei zwar von Passanten alarmiert, diese hatten jedoch zurecht auf die illegalen Besucher des Steinbruchs hingewiesen. Das Gelände ist ein Erholungsort für die Natur und mittlerweile teils stark verwachsen, was unvorhersehbare Gefahren bergen kann, da hier einst große Mengen Gestein abgebaut und ausgehoben wurden. Nicht ohne Grund weisen Schilder an alten Steinbrüchen stets auf Lebensgefahr hin. Wir raten dringlichst vom Aufsuchen der verlassenen Industrieanlagen in Naila ab und verweisen stattdessen auf einzigartige Fotografien Gregor Schreibers.
Quellen
IN 89/01 Amtsgericht Hof
HR A 2744: Störrle Baustoffe GmbH & Co.
HR B 1319: Störrle Baustoffe Verwaltungs-GmbH
mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Deutschland/
Bayern/Oberfranken%2C Bezirk/Hof%2C Landkreis/
Naila/Marxgrün/Hartsteinwerk Störrle
wochenblatt.de/archiv/die-polizei-erwischt-einige-zwielichtige-gestalten-auf-einem-steinbruchgelaende-13468325