Das Kraftwerk Voerde war ein großes Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen, Deutschland, dessen Abriss 2023 begonnen hat und nun mit einer Sprengung voranschreitet. Das verlassene Kraftwerk befindet sich in der Nähe der Stadt Voerde direkt am Rhein und wurde von der STEAG GmbH betrieben. Mit einer Leistung von 2234 Megawatt gehörte es zu den größten Kraftwerken Nordrhein-Westfalens mit einer langen Geschichte in der Energieerzeugung.
Geschichte vom Kraftwerk Voerde
Ein großes Steinkohlekraftwerk im Kreis Wesel, das rund 50 Jahre in Betrieb war, sein Jubiläum jedoch nie feiern konnte. Noch vor dem 47. Betriebsjahr erfolgte die Stilllegung des Komplexes, welcher rund 1/3 der Fläche seines Stadtteils Möllen (Voerde) einnimmt. Wir haben schon vor längerer Zeit vom Kraftwerk Voerde berichtet.
Entstehung des Kraftwerks in Götterswickerhamm
Am Rheinufer Götterswickerhamms wurde zwischen 1970 und 1971 das Kraftwerk West mit den Blöcken West 1 und West 2 errichtet. Zehn Jahre später, 1982 und 1985, wurden zwei weitere Blöcke Voerde A und Voerde B (jeweils 695MW Leistung) errichtet. Im Gegensatz zu den ersten zwei Blöcken des Werks besaßen diese eine Rauchgasentschwefelungsanlage. Diese Anlage war mittlerweile gesetzlich vorgeschrieben, um die Abgase des Werks zu filtern, bevor diese in die Umwelt entlassen wurden.
Stilllegung des Kraftwerks und Pläne für die Zukunft
Der Betreiber STEAG erhielt im Herbst 2015 von seinem Anteilshaber RWE die Aufforderunug, die Blöcke Voerde A und Voerde B bis Ende September 2016 stillzulegen, da sie nicht genug Gewinn brachten. Kurze Zeit später kam die zweite Ankündigung, welche das endgültige Ende des Werks bedeuten sollte: die anderen zwei Blöcke West 1 und West 2 sollten ebenfalls abgeschaltet werden. Der finale Termin zur Abschaltung aller vier Blöcke wurde auf den 31.03.2017 gelegt. Seit Ende März 2017 stand das Kraftwerk Voerde also still und wartete seitdem auf seine damals noch ungewisse Zukunft. Ein Freizeitpark, wie er im Atomkraftwerk Kalkar mit Kernies Wunderland (Wunderland Kalkar) realisiert wurde, war zeitweise im Gespräch. Auch eine Neubausiedlung wäre denkbar gewesen. Letztendlich einigte man sich auf den Aufbau eines Wasserstoff-Kraftwerkes, womit auch die ernüchternden Pläne für die Zukunft des Werks gelegt worden waren: es wird abgerissen.
Kraftwerk Voerde: Rückbau und Sprengung
Die Pläne für das große Gelände, das rund 510.000m² misst, beschreiben eine komplette Neubebauung des Areals. Konkret bedeutet das den Abriss des riesigen Industriekomplexes. Voerde hatte zwar bereits seit 2017 als bedeutender Standort für Energie-Infrastruktur ausgedient, jedoch war das Kraftwerk die ganzen Jahre über auch irgendwie ein Erkennungsmerkmal der Stadt. Doch seit Mitte 2023 verliert die Stadt dieses Erkennunngszeichen mehr und mehr, was dem voranschreitenden Abriss des Werks zuzuschreiben ist. So wurde am 3. Dezember dieses Jahres der 165 Meter hohe Kühlturm, welcher auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Kraftwerks stand, gesprengt.
Die Funktion der Sprengmatten am Kühlturm
Spezielle Sprengmatten wurden über einem etwa 16 Meter breiten Schlitz im Kühlturm angebracht. Sprengmatten, wie sie bei der Sprengung am Kraftwerk Voerde zum Einsatz kamen, werden typischerweise aus alten LKW Reifen gebaut und messen rund drei mal fünf Meter, wobei sie auf ein Gewicht von etwa 1100kg kommen. Stahlseile führen vertikal durch die Matten hindurch, die somit hängend, wie auch am Kühlturm Voerde, befestigt werden können. Sie dienen als Schutz gegen den Explosionsschuss, was Zuschauer und Personal bei einer Sprengung schützt. Sprengmatten werden genutzt, weil sie bei einer Explosion den Luftdruck durchlassen, wobei die Matten selbst sich nur kaum verschieben. So kann gewährleistet werden, dass weniger Gestein durch den enormen Luftdruck im Kühlturm, welcher bei der Explosion entsteht, durch die Luft geschleudert wird.
Lediglich an der untersten Stelle des breiten Schlitzes im Turm wurde Sprengstoff angebracht, welcher den langen Schnitt als Sollbruchstelle beim Einsturz des Kühlturmes nutzte.
So verlief die Sprengung des Kühlturms
Auf diesen Moment hatten zahlreiche Zuschauer schon seit den Morgenstunden gewartet. Bereits um 9 Uhr morgens versammelten sich die ersten Fotografen rund um den abgesperrten Bereich. In den letzten Tagen vor dem Spektakel hatte die lokale Presse etliche Artikel zu den genauen Sperrflächen veröffentlicht. So konnten Hobby- und Berufsfotografen (und auch wir) uns schon am Tag zuvor einen guten Platz aussuchen.
Zahlreiche Zuschauer versammelten sich entlang des Naturschutzgebietes Löhnen, eine Gruppe machte es sich sogar vor der Feuerwehr Löhnen mit einem Grill gemütlich, um das Spektakel der Sprengung in Voerde zu genießen. Der WDR ermöglichte per Liveübertragung eine Teilnahme an der Sprengung aus der Ferne, zu der auch Bürgermeister Dirk Haarmann erschien. Auch wir haben uns dieses Ereignis natürlich nicht entgehen lassen und waren für euch so nah es ging dabei. Im Folgenden sind einige Fotos der Sprengung in Voerde zu sehen.
Der Moment der Sprengung
Kurz vor 11 Uhr standen mehrere tausend Menschen auf den Feldern rund um das stillgelegte Kraftwerk verteilt. Gespannt wartete die Menge auf das Signal der Sprengung. Als schließlich die Sirene erklang, war es für kurze Zeit sehr ruhig, ehe ein weiteres Signal erklang. Dann folgte ein dumpfes Geräusch, das schnell lauter wurde.
In Kombination aus den Sprengmatten mit weiteren Sprengladungen an den unteren Stützen des Turms, wurde dieser mit zwei aufeinander folgenden Explosionen zum Einsturz gebracht. Die 165 Meter Betonkonstruktion fiel wie in Zeitlupe, mit einem langanhaltenden Krachen auf die Nordwest Seite des Kohleplatzes vor dem Kraftwerk an der Frankfurter Straße.
Trotz der Ankündigung erschraken einige Menschen, als das riesige Ungetüm hinter den Bäumen zu Boden sank. Sicherlich war es für viele Leute, wie auch für uns, die erste Sprengung in einer solchen Dimension. Für einige schien es einen Moment zu dauern, ehe sie realisiert hatten, dass dies das Ende des großen Turms war. Über die vergangenen Jahrzehnte war dieser zur Landmarke der Stadt Voerde und des Kreis Wesel geworden.
Bilder der Sprengung in Voerde
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