Sassari auf Sardinien beherbergt den vermutlich größten Lost Place Sardiniens: das verlassene Zementwerk.
Bereits seit 1883 wurde auf dem Areal, wo seit Anfang der 60er Jahre die Fabrik steht, Zement produziert. Das später errichtete Zementwerk Scala di Giocca auf Sardinien wurde 1956 in Sassari in Betrieb genommen. Zu Beginn wurde es von einer privaten Firma betrieben und später von der globalen Firma Italcementi übernommen. Damit wurde es eines der größten äußeren Werke der Firma.
Entstehung der Zementfabrik
Die Fabrik war eines der größten industriellen Werke auf Sardinien. In den 60er und 70er Jahren begann auf Sardinien die Zeit des Tourismus. Immer mehr Touristen, die zu einem großen Teil auch aus Deutschland kamen, besuchten die Insel. Viele Unternehmen auf Sardinien erkannten das Potential und andere Unternehmer kamen sogar extra auf die Insel, um dort ein Unternehmen wie Hotels, Restaurants oder ähnliches zu eröffnen.
Zu dieser Zeit wurden große Mengen an Zement und anderen Baustoffen benötigt, um die überall aus dem Boden sprießenden Baupläne umsetzen zu können. Da es zu dieser Zeit noch nicht viel Industrie auf der Insel gab und erst recht nicht aus der Baustoffbranche, war die zuvor kleine Zementfabrik neben der Autobahn eine gute Möglichkeit, der Nachfrage gerecht zu werden.
Das Werk wurde ausgebaut und viele Menschen aus der Region fanden eine Arbeit in der Fabrik.
Damit war die Zementfabrik, in der zeitweise knapp tausend Menschen arbeiteten, eine großartige Förderung der lokalen Wirtschaft von Sassari, der es zu der Zeit nicht allzu gut ging.
Die Firma Italcementi auf Sardinien
Italcementi wurde 1864 gegründet und entwickelte sich von Italien aus zum fünftgrößten Zementhersteller weltweit mit einer jährlichen Produktionsmenge von über 60 Millionen Tonnen Zement.
Der Standort des Werkes auf Sardinien wurde mit einer leichten Infrastrukturanbindung und in Nähe eines Kraftwerkes errichtet. So konnten große Mengen Elektrizität, die bei der Produktion benötigt wurden, direkt in das Werk transportiert werden. Fertige Ware konnte anschließend per Schiene mit der Seriana Valley-Eisenbahn weitertransportiert werden.
Wenn du dich für verlassene Kraftwerke interessierst, könnten das Kraftwerk am Niederrhein, Marcinelle oder Vockerode in Hamburg spannend für dich sein.
Entwicklung des Werkes in Sassari
Nachdem das Werk über 100 Jahre in Betrieb war, wurde die Zementproduktion im Jahr 1966 eingestellt und nur noch Teile des Werkes weiterverwendet. Dort wurde abgebautes Material aus nahegelegenen Steinbrüchen, von denen es einige auf Sardinien gibt, kleingemahlen und dann weitertransportiert.
Da das Werk nun schon über 100 Jahre bestand und einen großen Teil zur Entwicklung der Industrie auf Sardinien beitrug, erkannte es das Kulturerbe-Ministerium im Jahr 1980 als Kulturgut der Insel an.
Heute ist das verlassene Zementwerk eine beeindruckende Industrieruine, die viele Urbexer anzieht. Das Gelände ist kaum abgezäunt und so ein großes Fabrikgelände lässt sich eher selten finden.
Die Fabrik umfasst eine Gesamtfläche von ca. 80.000 m² und befindet sich direkt neben der Autobahn nach Sassari, von der aus es gut gesehen werden kann.
Beachtenswert sind neben den drei charakteristischen Schornsteinen auch die drei großen Drehrohröfen in Rohrform, in denen der Zement getrocknet wurde.
Produzierter Zement wurde direkt auf Wägen verladen und über die nahegelegene Eisenbahn verschickt.
Die Schornsteine führen zu den drei großen Drehrohröfen, in denen damals der Zement hergestellt wurde und an denen hunderte Menschen arbeiteten.
Für besondere Fotografien des Geländes eignet der Sonnenuntergang auf Sardinien hervorragend. Die untergehende Sonne taucht das Gelände mit seinen bröckelnden Schornsteinen in ein orange-rotes Licht. Am Abend wirkt dieser Ort plötzlich viel dramatischer, als bei Tageslicht.
Weiterverwendung nach der Zementproduktion
Wie bereits erwähnt, wurde die Produktion von Zement 1966 eingestellt. Grund dafür war einerseits, dass die Nachfrage seit dem Nachlass an großen Bauplänen für Tourismus in den 90ern nachließ. Zusätzlich gab es mittlerweile modernere Werke auf der Insel, die mit deutlich weniger Aufwand und Energieverbrauch einfach günstiger im Betrieb waren.
Nachdem die Zementproduktion eingestellt wurde, nutzte man das Gelände kurzzeitig, um Rohstoffe mit den Anlagen des Werkes zu zermahlen und weiterzutransportieren. Das Werk in Sassari konnte somit andere Werke noch bei einem Teil des Produktionsprozesses unterstützen. Eines dieser Werke befindet sich im Süden Sardiniens in der kleinen Gemeinde Samatzai.
Doch bereits kurze Zeit später stellte man die Arbeit mit Zement in dem Werk endgültig ein und verwendete die Hallen noch für wenige Jahre als Lager weiter.
Allerdings sperrte man Anfang 2008 das Gelände endgültig, da es mittlerweile einsturzgefährdet war und die letzten Arbeiter mussten somit entlassen werden.