Wir thematisieren die verlassene Papierfabrik Wolfswinkel, die mit ihrem Wasserturm als markantes Merkmal, ein bekannter Lost Place in Brandenburg ist. Leider ist die verlassene Papierfabrik nicht öffentlich zugänglich, jedoch kann sie zu besonderen Anlassen besichtigt werden. Das Gelände ist vom Treichelweg gut einsehbar. Diesen und andere Routen kann man gut in einer Wanderapp ansehen.
Bild von Sinuhe20.
Der Ort gilt als relativ gefährlich, da es überall auf dem Gelände Papierbütten (Wasserbecken) und andere Löcher im Boden gibt.
Das Gelände der alten Papierfabrik heute
Ein großer Teil der Anlage ist erhalten geblieben, was besonders auf die alten Gebäude zutrifft. Darunter natürlich der markante Wasserturm, die Papiermaschinenhalle und das Produktionsgebäude. Die großen Maschinen sind jedoch nicht mehr vor Ort. Trotzdem findet man Spuren der Vergangenheit, denn an einigen Stellen befinden sich noch alte Schriftzüge und alte Rohre mit ihren Reglern auf dem Lost Place.
Bild von Sinuhe20.
Werdegang der Papierfabrik Wolfswinkel
Der Lost Place hat eine außergewöhnlich lange Geschichte, deren Anfang im Jahr 1728 liegt. Damals gehörte noch eine kaiserliche Papiermühle zu der später erbauten Fabrik. Jene Papiermühle wurde im 7-jährigen Krieg zerstört und die Fabrik wurde an den jetzigen Standort verlegt. Bei der Standortwahl hat man darauf geachtet, dass ein unkmplizierter Zugang zum Wasser existierte, was bei solchen Fabriken sehr wichtig war.
Jedoch hatte die Papierfabrik Wolfswinkel Schwierigkeiten am neuen Standort profitabel zu sein. So kam es, dass es viele Besitzerwechsel gab. Die turbulente Zeit änderte sich erst als Johan Friedrich Niestze die Anlage im Jahr 1812 kaufte und zu einem gewinnbringenden Geschäft umwandelte. Mithilfe seiner Söhne erfolgte auch die Umwandlung von der Papiermühle zur Papierfabrik. Im Jahr 1834 wurden die ersten industriellen Maschinen benutzt. Statt Wasserrädern nutzte man ab sofort Dampfmaschinen.
Ein neuer Gesellschafter
Jedoch sollte es kein Familienbesitz bleiben, denn 1865 trat Karl Marggraff als Gesellschafter ein, dieser übernahm bis 1865 alle Anteile und wurde somit alleiniger Eigentümer. Besonders war, dass er großen Wert darauf legte, wie es seinen Arbeitern ging. Die Arbeitsqualität stieg unter seiner Führung.
1897 wurden von den Dampfmaschinen auf elektrische Geräte umgestellt. Insgesamt hatte die Fabrik zu dieser Zeit ungefähr 200 Angestellte.
Umstellung der Produktion
Am Anfang der 1900 Jahre wurde zunehmend auch Kabelisolierpapier hergestellt. Ein großer Abnehmer dieser neuen Produkte waren die Firma Siemens & Schuckert. Diese benötigten das Kabelpapier für ihr Berliner Kabelwerk, um damit Kabel zu isolieren. Aufgrund des großen Bedarfs, entschied sich die Firma den Betrieb 1917 nach dem Tod von Karl Marggraff zu übernehmen. Danach bauten sie die Produktion von Kabelpapier weiter aus.
Unter ihrer Führung wurde auch 1928 die Anlage mit zwei großen Lagerhallen erweitert, welche dazu dienen sollten, die modernen Spezialmaschinen zu beherbergen, welche wiederum 1930 in Kraft genommen wurden.
Zweiter Weltkrieg
Den Zweiten Weltkrieg überlebte die Papierfabrik relativ unbeschadet, jedoch wollte die Sowjetunion die Anlage demontieren und als Entschädigung ins eigene Land exportieren. Sie begannen auch, ihren Plan umtzusetzen, jedoch schafften es ehemalige Mitarbeiter, Teile der Anlage zu retten. So schaften sie es direkt nach dem Krieg 1946, die VEB Papierfabrik Wolfswinkel zu gründen und dort mit gleichen Produktionswegen Kabelisolier- und Schleifpapier herzustellen.
1956/57 begann man wieder mit der Produktion von handgeschöpften Papier, was sich zur DDR Zeiten als Qualitätsmarke etablieren konnte. Daraufhin orderte selbst die Queen ihr Briefpapier in Wolfswinkel. Die hauptsächliche Produktion bestand aber aus Spezialpapieren für die Industrie, wie Isolierpapier für Starkstromkabel sowie Schleifpapiere.
Im Jahr 1994, kurz nach der Wiedervereinigung, wurde die Produktion eingestellt. In den folgenden Jahren brannte die Villa der Fabrikanten leider nieder, vermutlich durch Brandstiftung.
Produkte aus der Fabrik
Diese Angaben stammen aus dem Jahr 1938 und zeigen, was in Wolfswinkel produziert wurde.
- Bücherpapiere
- Cellulosepapiere
- Druckpapiere
- farb. Kartons
- Kabel-, Isolierpapier
- Papckpapiere
- Papier ca 20 Tonnen am tag
- Schreibpapiere
- weiße Kartons
Musterkatalog vom EVB Wolfswinkel.