Verlassene Zwieback Brandt Fabrik

Wir haben die verlassene Brandt-Zwieback-Fabrik in Hagen erkundet und bei diesem Lost Place Abenteuer einige spannende Momente erlebt.

An einem lauen Sommerabend im Jahr 2019 waren wir mal wieder mit unserer Clique auf Lost Place Tour, mit der wir wenige Tage zuvor noch bei einem gruseligen verlassenen Café in Bocholt waren. Für den Fabrik Lost Place in Hagen hatten wir eine längere Fahrt auf uns genommen, die sich noch lohnen sollte.

Zunächst wollten wir uns einen Überblick über die riesige verlassene Fabrik machen, also machten wir uns auf den Weg, die Fabrik zunächst zu Fuß entlangzugehen. Links und rechts neben uns ragten die dunklen, kaputten Fassaden der verlassenen Fabrik empor. Die riesige Fabrik, in der früher Zwieback hergestellt wurde, war damals auf beiden Straßenseiten errichtet und über eine Brücke verbunden worden.

Die Türen und Fenster an der Straßenseite wurden alle verbarrikadiert und ein Tor, das den Blick auf einen dunklen Innenhof freigab, war ebenfalls verschlossen. Weiter ging es an einigen Wohnhäusern, die mit dem Fabrikgelände verbunden zu sein scheinen, ehe wir an den nächsten großen Werkshallen vorbeikamen. War die Zwieback-Fabrik früher wirklich so riesig? Wir kamen in den Ortsteil Gevelsberg und an einer SB-Waschanlage vorbei, während wir Ausschau nach einem Weg auf die Rückseite der Fabrik suchten. Schließlich erreichten wir einen Kreisverkehr, von dem aus wir endlich links abbiegen konnten. Die Asker Straße führte uns auf eine leichte Anhöhe und gab den Blick auf die alte Bahnstrecke frei, die früher in die Fabrik geführt hatte. Könnte das unser Weg in die Fabrik werden?

Der Eingang in die verlassene Zwieback-Fabrik

Hinter dem Geländer in der Kurve, in der wir standen, befand sich ein gelbliches Gebäude mit zugemauerten Fenstern, aus dem jedoch Licht schien. Wenn wir über das Geländer hinabkletterten und uns jemand dabei sah, flogen wir auf. Außerdem wäre der Weg entlang der Gleise bestimmt nicht der sicherste. Von der Brücke hinter der Kurve aus, konnten wir den Weg der Gleise besser verfolgen und sehen, wie diese hinter einem halb heruntergelassenen Hallentor verschwanden – dort kämen wir also rein. Dennoch entschieden wir uns, nochmal zum Parkplatz neben der Fabrik zurückzugehen. Und es von dort aus zu versuchen. Da wir uns zunächst einen Überblick über das Gelände verschaffen wollten, hatten wir auf dieser Seite noch gar nicht genauer gesucht.

Eine Viertelstunde später waren wir wieder an der Ostseite der verlassenen Zwieback-Fabrik von Brandt angekommen. Auch von hier aus erreichten wir die Gleise, die hinter der Fabrik entlangführten. Als wir die Rückseite der Halle genauer untersuchten, hatten wir schließlich Erfolg. Hier gab es einen offenen Zaun samt Loch in der Wand dahinter: ein Eingang in die verlassene Zwieback-Fabrik!

Geschichte und Funktionsweise der Brandt-Fabrik in Hagen

Die Brandt-Fabrik war in einzelne Produktionsschritte verteilt. So gab es einen Bereich für die Herstellung des Mehls, die Teigproduktion, eine Rösterei, Kühlwege bis hin zur Verpackung und Sortierung. Alle Maschinen waren über Förderbänder und abgehängte Förderkörbe miteinander verbunden. Fast die gesamte Fabrik war automatisiert worden, doch zur Gründung sah der Betrieb noch ganz anders aus.

Gründung der Zwieback Fabrik Hagen

Die Zwieback- und Keksfabrik Brandt wurde 1912 von Carl Brandt in Hagen-Haspe als „Märkische Zwieback- und Keksfabrik“ gegründet. Der Gründer wollte Zwieback unter industrieller Fertigung bei günstigen Preisen und hoher Qualität zum Volksnahrungsmittel herstellen und gründete den Betrieb mit damals nur sechs Mitarbeitern. Brandts Unternehmen wuchs schnell heran auf einen Betrieb mit zeitweise über 2.000 Beschäftigten.

1929 erfolgte die Automatisierung der Produktion, die auch in dem 1933 neugebauten Backstein-Fabrikgebäude an der Enneper Straße in Hagen-Haspe eingebaut wurden. Neben Zwieback produzierte Brandt hier auch Waffeln und weitere Backwaren, die in anderen Fabrikteilen hergestellt wurden. Das weitläufige Brandt-Werksgelände erstreckte sich beidseitig der Enneper Straße: Südlich lief die Zwiebackproduktion mit eigenem Bahnanschluss, nördlich lagen Verwaltung, Keks-, Gebäck- und Waffelproduktion, verbunden durch zwei Brücken, auf denen noch heute das Brandt-Logo zu sehen ist.

Ausbau, Modernisierung und Produktionsablauf

Zu den Anlagen der Brandt-Fabrik gehörten riesige Backöfen, Teigmischer und weitere Maschinen, die mit Fördereinrichtungen verbunden waren. Für die Zwiebackproduktion wurde ein zweistufiger Backprozess angewendet, bei dem zuerst ein Hefeteig hergestellt, geformt und in Stahlformen vorgebacken wurde. Nach dem Abkühlen wurden die ausgehärteten Brotbalken in Scheiben geschnitten und in einem zweiten Durchlauf endgültig geröstet. Die fertigen Zwieback-Scheiben wurden gekühlt und in den Verpackungsbereich transportiert, um in Verpackungsmaschinen versandfertig gemacht zu werden. Über die Jahrzehnte wurden die Produktionsschritte immer weiter automatisiert und immer weitere Fördereinrichtungen eingebaut, um die hohen Tagesleistungen von mehreren Millionen Stück pro Tag zu bewältigen.

Der Niedergang von Brandt in Hagen

Nach dem raschen Wachstum in der ersten Hälfte des Jahrhunderts stagnierte die Fertigungskapazität der Brandt-Fabrik später. Bis zur Mitte der 1980er Jahre blieb Hagen das Stammwerk der Brandt-Gruppe. Ende 1999 hatte das Werk noch rund 600 Mitarbeiter, während viele Arbeitsplätze durch die Automatisierung hinfällig geworden waren. Trotz weiterer Investitionen verbesserte sich die Produktivität nur noch moderat. In den letzten Betriebsjahren um die Jahrtausendwende, wurde die Produktion zeitweise durch Warnstreiks und Materialengpässe verlangsamt.

Gründe und Zeitpunkt der Schließung

Im Jahr 2000 kündigte Geschäftsführers Carl-Jürgen Brandt offiziell an, die Produktion aus dem Werk in Hagen zu verlagern und stattdessen ein neues, hochmodernes Werk in Ohrdruf (Thüringen) zu bauen. Als Gründe nannte das Unternehmen fehlende Großgrundstücke in Hagen sowie günstige Förderbedingungen in Ostdeutschland: Die hohen staatlichen Investitionshilfen in Thüringen seien entscheidend, um ein größeres Werk zu bezahlbaren Kosten zu errichten. Diese Fördermittel aus dem „Aufbau Ost“-Programm lockten die Fertigung des Brandt-Zwieback also schließlich ins ostdeutsche Gewerbegebiet. Zuvor hatte es intensive Diskussionen um die Subventionspolitik und das Projekt wurde trotz Widerstands umgesetzt, sodass der Umzug der Fabrik im Dezember 2003 abgeschlossen wurde.
Am 5. Dezember 2003 lief in Hagen der letzte Zwieback vom Band und die verbliebenen knapp 500 Arbeitsplätze fielen weg oder wurden ebenfalls nach Thüringen verlagert.

Nachnutzung des Brandt-Geländes

Nach der Schließung 2003 stand das große Brandt-Areal lange leer. Die unter Denkmalschutz stehenden Backsteinbauten verfielen, und diverse Konzepte scheiterten. Erst ab 2018 wurde mit dem Rückbau der nördlichen Fabrik begonnen: Die alten Hallen der ehemaligen Keksproduktion wurden abgerissen, um Platz für ein neues „Stadtteilcenter“ zu schaffen, auf dem heute ein Supermarkt steht. Das Gelände umfasst etwa 15.000 m² Fläche und wird als „Brandt-Quartier“ bezeichnet. Auch die Firma Brandt selbst soll dort einen Teil des Geländes als Verwaltungsstandort nutzen, während das benachbarte, südlich gelegene und verlassene Zwiebackwerk weiterhin ein Lost Place ist. Der „Brandt-Backshop“ Werksverkauf der Firma Brandt im Haus Stennert neben der verlassenen Fabrik ist noch in Betrieb. Dieser Standort war Teil des historischen Brandt-Zwiebackwerks und beherbergt den Werksverkauf, ein kleines Bistro und das Brandt-Zwiebackmuseum.

Die verlassene Zwieback-Fabrik ist zudem Teil der Route Industriekultur, die sich als Radweg über 300km durch das Ruhrgebiet schlängelt und dabei zahlreiche prägende ehemalige und noch aktive Industriedenkmäler abdeckt.

Quellen

https://www.route-industriekultur.ruhr/wp-content/
uploads/2023/03/2021_TR21_
Brot_Korn_und_Bier_RIK.pdf
https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-90071-20140406-419
https://www.wpib.de/produktwelt/
dauerbackwaren/zwieback-anlage.html
https://www.abendblatt.de/archiv/2000/
article204275133/Zwieback-wird-knapp.html
https://www.wp.de/lokales/
article401790142/brandt-schliesst-teilabrisse-nicht-mehr-aus.html
https://www.rvr.ruhr/news/startseite-news/
news/ehemalige-brandt-fabrik-macht-platz-fuer-neues-hagener-stadtteilcenter
https://brandtquartier.de/

Weitere Informationen

Einschätzung des Ortes

Bekanntheit
95%
Gefahr
35%
Vandalismus
70%
Schwierigkeit des Betretens
10%

Adresse von Verlassene Zwieback Brandt Fabrik

Enneper Str. 113, 58135 Hagen
51.33925, 7.396417

Verlassene Zwieback Brandt Fabrik Wegbeschreibung

Die verlassene Zwieback Fabrik befindet sich in der Enneper Straße in Hagen-Haspe. Der Lost Place ist auf der Rückseite an Schienen angebunden, die teilweise stillgelegt sind.

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Wir erkundeten die verlassene Zwieback-Fabrik in Hagen, bevor der Vandalismus zuschlug.
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Wir erkundeten die verlassene Zwieback-Fabrik in Hagen, bevor der Vandalismus zuschlug.. Es ist ein ganz besonderer Lost Place. Wir haben ihn dokumentiert und über Hintergründe recherchiert.
Die verlassene Zwieback Fabrik befindet sich in der Enneper Straße in Hagen-Haspe. Der Lost Place ist auf der Rückseite an Schienen angebunden, die teilweise stillgelegt sind.Beim Betreten solltest du dich dennoch über geltene Rechte informieren und den Lost Place nicht alleine betreten.
Du findest diesen Ort unter Enneper Str. 113, 58135 Hagen. Bitte informiere dich zuvor über Rechte und Gefahren.

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