Der größte Schornstein Europas und sein riesiges verlassenes Kraftwerk Trbovlje in Slowenien, sind schon seit zehn Jahren ein Lost Place.
Das ehemalige Kraftwerk Trbovlje liegt im Tal der Save nahe der gleichnamigen Stadt in Slowenien und prägte über Jahrzehnte die Energieversorgung der Region. 1915 wurde hier erstmals ein neues kohlebefeuertes Kraftwerk in Betrieb genommen, um das ältere, leistungsärmere Werk in Vodah bei Trbovlje abzulösen. Am 19. März 1915 begann eine Dampf-Turbine mit einem 4000-kW-Generator seinen Betrieb und versorgte vor allem das örtliche Kohlebergwerk Trbovlje sowie umliegende Industriebetriebe (unter anderem ein Zementwerk) mit Strom. Damit legte der Neubau den Grundstein für die Elektrifizierung der Bergbau- und Industrieanlagen in Zasavje, dem steirisch-kroatischen Kohlerevier.
Die Geschichte des Kraftwerks Trbovlje
Nach nur zwei Jahrzehnten steigender Nachfrage erfolgte in den Jahren 1937-1939 eine umfangreiche Modernisierung und Erweiterung des Kraftwerks. Bis November 1939 war ein neuer Dampfkessel mit Turbogenerator und eine moderne Schaltanlage in Betrieb genommen worden. Bereits zu dieser Zeit zeigte sich, dass die Investitionen Wirkung zeigten: Die Stromproduktion stieg, mehr Kohle wurde verbrannt und die Versorgungskapazität für ganz Slowenien wuchs. Die Anlage erhielt nun neben den neuen Kessel- und Generatoren auch Verbesserungen wie eine Kohlewendekanale (Sedimentierbecken) und eine Hochspannungsübertragungsleitung.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Kraftwerk Schauplatz heimlichen Widerstands: Slowenische Arbeiter sabotierten wiederholt Turbinen und andere Anlagenteile, um die deutsche Kriegsindustrie zu schwächen. Diese Sabotageakte – etwa das absichtliche Brechen von Schaufeln oder das Zerstören von Rohrleitungen – führten zu Produktionsausfällen in der Besatzungszeit und wurden als Beitrag der Arbeiter zur Unterstützung der Partisanen gesehen.
Ausbau in den 1960er und 1970er Jahren
Mit den reichen Kohlevorkommen im Zasavje und dem wirtschaftlichen Aufschwung begann ab 1964 der Neubau einer Großanlage: Am 31. Mai 1964 fiel der Startschuss für den Bau der „Thermoelektrarna Trbovlje 2“ (PE 2). Die Zielsetzung war klar: Die untertägigen Braunkohlevorräte sollten über die nächsten Jahrzehnte bestmöglich für die Stromproduktion genutzt werden. Mitten unter den Verbrauchern errichtete man einen Dampfkessel mit einer elektrischen Leistung von 125 MW. Nach seiner Inbetriebnahme im Jahr 1968 traten jedoch anfänglich technische Probleme auf. Schlackenbildung im Kessel und Turbinenvibrationen führten dazu, dass das Kraftwerk nur mit etwa 105-110 MW statt der geplanten 125 MW arbeitete. Die Ursache war ein zu niedriger Ascheschmelzpunkt des örtlichen Kohles, der von den Zulieferern (Kraftwerk Morava) beim Kesselbau nicht vollständig berücksichtigt worden war. Nach sorgfältiger Ursachenforschung und der Anpassung der Kohleaufbereitung normalisierte sich der Betrieb wieder, so dass die volle Auslastung erreicht werden konnte.
Parallel wurde 1974 eine moderne Gasturbinenanlage mit zwei Einheiten (insgesamt 63 MW Leistung) errichtet, die als Kaltreserve dem nationalen Stromnetz diente. Noch im selben Jahr begann der Bau des markanten 360 Meter hohen Schornsteins, um die Emissionsgase in großem Abstand hoch über das Tal zu leiten. Der Düsseldorfer Baukonzern Karrena beaufsichtigte die Errichtung, die 1976 abgeschlossen wurde. Dieser gewaltige Schornstein löste die früheren, kürzeren Türme ab und sorgte für eine bessere Verteilung der Abgase in höhere Luftschichten. Ab 1976 produzierte das Trbovlje-Kraftwerk mit seiner kombinierten Kohle-Gas-Anlage zuverlässig Strom und übertraf dabei häufig die ursprünglichen Ertragspläne.
Technische Daten und Anlagenteile
Das Kraftwerk Trbovlje umfasste im Endausbau zwei Haupterzeugungseinheiten. Block 4 war ein kohlebefeuerter Dampfkessel (Braunkohle) mit einer Leistung von 125 MW, der 1968 ans Netz ging. Eine zweite Einheit bestand aus zwei ölbefeuerten Gasturbinen (je 29 MW), zusammen 63 MW, die 1976 in Betrieb genommen wurden. Insgesamt wurden pro Jahr rund 700.000 Tonnen Braunkohle aus dem benachbarten Bergwerk Trbovlje-Hrastnik verfeuert. Im Alltagsbetrieb wurden vor allem die Block-4-Dampfanlage und die Gasturbinen – überwiegend als Reserve – zur Stromproduktion genutzt. Trotz ihres Alters und der damals hohen Beanspruchung erreichte das Kraftwerk mit regelmäßigen Wartungen oft die geplanten Produktionskennzahlen. In der ersten Betriebstabelle des Jahres 2014 war Block 4 mit 125 MW als einzig verbliebene Anlage aufgeführt. (Die 1960er-Gaskraftwerke lieferten zusammen 63 MW, allerdings waren sie für die zeitweise Sparreserve vorgesehen.)
Wirtschaftliche Bedeutung des Kraftwerks Trbovlje
Die Termoelektrarna Trbovlje war das größte Kraftwerk im gesamten Central Sava Valley (slowenisch „Zasavje“), einer der wichtigsten Bergbau- und Industrieregionen Sloweniens. Gemeinsam mit den lokalen Kohlebergwerken bildete das Kraftwerk in der Vergangenheit das Rückgrat für die Entwicklung zahlreicher Fabriken, Gewerbebetriebe und Verkehrsunternehmen in der Region. Es lieferte Energie für den Bergbau und angrenzende Industrien und sorgte so für Arbeitsplätze und Wohlstand.
Zeitweise beschäftigte die Anlage fast 200 Mitarbeiter – Ingenieure, Techniker, Maschinenbediener und Hilfspersonal. Viele Familien in Trbovlje lebten direkt oder indirekt vom Kraftwerk und den Kohlebergwerken. Diese starke Verflechtung von Industrie und Arbeitsplätzen prägte lange Zeit das soziale Gefüge der Region. Mit dem Rückgang der Kohleförderung in den 1990er und 2000er Jahren gingen allerdings auch zahlreiche Arbeitsplätze verloren, was zu wirtschaftlichen Herausforderungen in Zasavje führte.
Gesellschaftliche Aspekte im Zasavje Tal
Die Geschichte des Kraftwerks war eng mit gesellschaftlichen Entwicklungen verknüpft. Bereits in den späten 1990er Jahren regte sich erheblicher Widerstand der Bevölkerung gegen eine weitere Expansion. 1998 entschieden sich die Bewohner von Zasavje in einem Referendum mehrheitlich gegen den Bau eines neuen Kraftwerksblocks („TE-TO 3“). In der Folge verabschiedete das Parlament im Jahr 2000 ein Gesetz zum schrittweisen Rückbau des nahegelegenen Bergwerks Trbovlje-Hrastnik. Dieses Ergebnis zeigte das wachsende Umweltbewusstsein und die Sorge um die Luftqualität in der Region.
Nach der endgültigen Stilllegung des Kraftwerks entwickelte sich der Schornstein zu einer ungewöhnlichen Symbolfigur. Das stillgelegte Bauwerk wurde mehrfach zum Schauplatz waghalsiger Kletteraktionen. So wurde der 360-Meter-Turm Ziel illegaler Extremklettereien. Im Jahr 2020 installierte etwa ein Filmteam für die Dokumentation „360 Ascent“ eine künstliche Kletterroute über die volle Höhe des Schornsteins, die von slowenischen Spitzenkletterern erfolgreich bezwungen wurde. Diese Aktionen erregten großes Medieninteresse und machten den Schornstein kurzzeitig zu einer Touristenattraktion. Auch in einer deutschen Fernsehsendung („Das Duell um die Welt“) musste ein Moderator diese berühmte Höhe erklimmen – ein weiterer Beleg für die popkulturelle Prägung des Industriedenkmals. Insgesamt zeugen diese Ereignisse von der besonderen Stellung des Trbovlje-Kraftwerks in der kollektiven Erinnerung der Region: Einerseits war es einst technisches Zentrum, andererseits avancierte es nach der Schließung zu einem Denkmal industrieller Vergangenheit.
Verlassenes Kraftwerk Trbovlje Slowenien: Der höchste Schornstein Europas
Im Zentrum des verlassenen Kraftwerks in Slowenien steht der 360 Meter hohe Schornstein, das Wahrzeichen von Trbovlje. Er ist nicht nur das höchste Bauwerk Sloweniens, sondern gilt auch als höchster frei stehender Schornstein Europas. Errichtet wurde er 1976, um die Abgase des Kraftwerks möglichst hoch über das enge Sava-Tal abzuführen und so die lokale Luftverschmutzung zu verringern. Die Bauleitung lag bei der Düsseldorfer Firma Karrena, die hierfür etwa 11.866 Kubikmeter Beton und über 1.000 Tonnen Bewehrungsstahl verarbeitete. Durch seine schiere Höhe (Bodendurchmesser 27,5 m, Auslassdurchmesser 7,7 m) und den auffälligen Anstrich ist der Trbovlje-Schornstein ein weithin sichtbares Industrie-Denkmal. Er steht heute als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz und ist häufig Thema in Videos von Urbexern und Climbern, so auch vor einigen Jahren beim YouTube Creator Nightscape.
Stilllegung und heutiger Zustand des verlassenen Kraftwerks Trbovlje
Ende 2014 kündigte die staatliche Holding Slovenske elektrarne (HSE, Eigentümerin des Kraftwerks) offiziell die Schließung der Anlage an. Die Gründe waren einerseits die Wettbewerbsfähigkeit, weil es bereits in die Jahre gekommen und ohne hohe Subventionen wenig rentabel war. Zum anderen wurde das heimische Kohlevorkommen im Bergwerk Trbovlje-Hrastnik fast erschöpft. Insbesondere lief 2015 die letzte Kohlen-Lagerstätte aus, sodass für den Betrieb Nachschub aus entlegenen Gruben nötig geworden wäre. Auch ungelöste Umweltklagen wegen Altlasten und Emissionen belasteten die Bilanz. Trotz eines Kaufangebots eines russischen Investors (geplant waren Erneuerungskosten von ca. 60 Millionen Euro) scheiterte ein Verkauf unter anderem an den bestehenden Altlasten.
Nach einer Übergangsreservephase wurde Block 4 schließlich im September 2014 bzw. 2016 endgültig abgeschaltet und demontiert. Heute ist das Kraftwerk verlassen. Seit 2020 firmiert der verbliebene Teil als „Holding slovenskih elektrarn – Energetska družba Trbovlje“, einem Unternehmen in Abwicklung. Die riesigen Hallen und der Schornstein sind jedoch weiterhin verlassen. Der Schornstein selbst wurde nach der Stilllegung mehrfach für extreme Kletter-Events genutzt. Die Anlagen sind – abgesehen vom denkmalgeschützten Schornstein – inzwischen nicht mehr funktionsfähig und Teil des Lost Places in Slowenien.