Am Stadtrand von Krefeld steht ein ganz besonderes Gebäude, das bereits über 100 Jahre alt ist, denn das ehemalige Klärwerk wurde schon 1909 erbaut. Nach seiner Nutzung stand das Klärwerk lange Zeit verschlossen neben der Bahnstrecke und entwickelte sich langsam zum Lost Place. 2018 haben wir selbst diesen Ort erkundet und waren sofort von der aufwendigen Architektur beeindruckt. Das imposante Gebäude entwickelte sich glücklicherweise weiter und wurde umfangreich renoviert. Heute dient das ehemalige Klärwerk als Veranstaltungshalle für diverse Events. Am Tag des offenen Denkmals 2025 waren wir erneut vor Ort und haben einige Aufnahmen und neue Eindrücke mitgenommen.

Das Klärwerk als Lost Place
Wir erkundeten gerade in den Jahren 2015 bis 2018 haufenweise Lost Places im Ruhrgebiet und kamen 2018 an einem späten Sommerabend auch am verlassenen Klärwerk in Krefeld vorbei.
Das geschwungene Gebäude, das unter der Bundesstraße 288 und neben einer Bahnstrecke und einer Gartenanlage liegt, erreichten wir über ein schmales Waldstück entlang der Bundesstraße.
Wir schlichen damals zunächst um jeden Lost Place herum, um uns mit der Situation vertraut zu machen. Das alte Klärwerk wirkte in der Dunkelheit bedrohlich und imposant. Die Fenster waren früher teilweise mit VPS-Platten versiegelt und der ehemalige Haupteingang war mit Stahlplatten verschlossen. Unter einem Dach-Vorsprung blinkte das rote Licht einer Überwachungskamera.
Das Innere des verlassenen Klärwerks strahlte eine ähnlich gruselige Atmosphäre aus. Die hohe, geschwungene Decke, die riesigen Fenster und ein stählerner Kran, der sich entlang der Halle erstreckte, waren aus einer völlig anderen Zeit. Der Putz blätterte von Decke und Wänden und in den Ecken wuchs Schimmel, der Boden war zwischen den Schienen von Taubenkot übersät.
Die Geschichte des Klärwerks Krefeld
Errichtet 1909, hatte das Klärwerk Krefeld die Aufgabe, das zunehmend schmutziger werdende Abwasser der wachsenden Industriestadt Krefeld zu reinigen, bevor es in Flüsse abgeführt wurde, um mehr Hygiene und weniger Schadstoffbelastung für die Umwelt zu ermöglichen. Krefeld war mit seinem eigenen Klärwerk früh in die noch recht neue Technik involviert und konnte die Entwicklung der Klärwerke mitprägen. Erst mit dem Klärwerk durften auch die Toiletten der Wohnhäuser an die Kanalisation angeschlossen werden.
Struktur und Funktionsweise
Abwasser gelangte über einen Zulaufkanal in das Klärwerk von Krefeld und wurde zunächst in ein Beruhigungsbecken geleitet. Von hier konnte es etappenweise mithilfe massiver Verteil-Schieber in drei Klärkanäle verteilt werden.
Die Klärkanäle führten über einen Sandfang, der Steine und Sand in „Sand-Kästen“ am Boden sammelte, zum eigentlichen Klärbecken. In diesen Klärbecken filterten bewegliche Rechen, die auf einer Art rundem Förderband befestigt waren, täglich 8 Tonnen Schlamm aus dem Wasser. Das herausgefilterte Material wurde dann in Loren verladen, für die es Schienen im Boden der Halle gab.
Ab 1962 wurde der erste Teil des Klärwerks außer Betrieb gestellt: Die Klärhalle wurde stillgelegt und das Abwasser nicht mehr in diesem Werk gereinigt. 1972, also zehn Jahre später, erfolgte auch die Abschaltung der Hochwasser-Pumpen, die hier noch für den Notbetrieb liefen.
Neue Pläne für altes Klärwerk
Erste Pläne einer Neuverwendung des ehemaligen Klärwerks in Krefeld sahen den Abriss der stillgelegten Reinigungsanlage vor, um an ihrer Stelle ein „Schneckenpumpwerk“ zu errichten. Da das Klärwerk nicht mehr zur Reinigung von Abwasser in Betrieb war, musste das Abwasser an das rund sechs Kilometer entfernte, 1974 neu erbaute, modernere Klärwerk weitergeleitet werden. Schneckenpumpwerke konnten Schlamm und Abwasser mit einer großen, schräg angebrachten, sich drehenden Schnecke fördern. Hierzu wurde ein seitliches Hallentor in die Klärhalle mit den Schneckenpumpen installiert. Das neue Pumpwerk konnte 1979 in der alten Klärhalle in Betrieb genommen werden. Zugleich wurden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, um das historisch wertvolle Klärwerk zu erhalten. Dabei wurden die alte Pumphalle, die ehemalige Werkstatt und ein angrenzendes Gebäude in Ateliers für Keramik-Künstler aus der Region umgebaut. Nach Abschluss der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen wurde das ehemalige Klärwerk mit seiner besonderen Architektur als eines der ersten Gebäude in Deutschland 1982 unter Denkmalschutz gestellt.
Verfall der stillgelegten Hallen

Normalerweise gilt es, denkmalgeschützte Gebäude in ihrer ursprünglichen Erscheinung zu erhalten, was jedoch im Falle des ehemaligen Klärwerks von Krefeld nicht funktionierte. Der große Kran, welcher sich in der Klärhalle quer über die Abwasserkanäle erstreckte, war bereits stark korrodiert und auch andere alte Bauteile, wie die Schieberanlage, waren zeitlich bedingt bereits stark beschädigt. An den Decken lagerten sich zwischen Schimmel diverse Partikel aus den offenen Kanalgruben ab, denn schließlich floss hier noch warmes Abwasser durch die Kanäle. Wegen der Dämpfe und dem zunehmend schlechter werdenden Zustands der Halle, wurde das Klärwerk gesperrt. 1998 verlor es auch seine Funktion als Übergangs-Pumpwerk, und die großen Schnecken wurden abmontiert. Die denkmalgeschützten Hallen wurden versiegelt und das Klärwerk geriet in Vergessenheit. Das historische Klärwerk von Krefeld entwickelte sich zum Lost Place. Damit sind wir wieder am Anfang: unserer Erkundung des verlassenen Klärwerks im Ruhrgebiet. Doch das war zum Glück nicht das Ende des Gebäudes.
Wiederaufleben des verlassenen Klärwerks als Kulturhalle
Das historische Klärwerk wurde 2018 nach vier Jahren Verhandlungen von vier Privatleuten erworben, die es instandsetzen ließen und für Führungen zugänglich machten. Mittlerweile ist es in einem so guten Zustand, dass Ausstellungen und Veranstaltungen in dem ehemaligen Klärwerk von Krefeld durchgeführt werden können.

Für Veranstaltungen im historischen Klärwerk wurden Lautsprecheranlagen und LED-Scheinwerfer installiert, welche die imposanten Hallen in eine moderne, industriell geprägte, Veranstaltungshalle verwandeln. Die alten Klärbecken sind dabei weiterhin offen und mit einem Geländer gesichert und auch der massive Kran und die Verteil-Schieber sind noch erhalten, sodass der einstige Aufbau des Klärwerks und dessen Geschichte gut nachvollzogen werden können. Die Eigentümer kümmern sich sehr liebevoll um die Gebäude und geben sich unserer Meinung nach größte Mühe bei Veranstaltungen wie dem Tag des offenen Denkmals.