Der verlassene Güterbahnhof Osnabrück lag unmittelbar östlich des Hauptbahnhofs und umfasste rund 22 Hektar Bahnhofsgelände. Eröffnet wurde der zentrale Rangier- und Güterbahnhof 1914 mit einem großen Ringlokschuppen, also einem halbkreisförmigen Lokschuppen. Der Ringlokschuppen Osnabrück war mit zwei Drehscheiben ausgestattet und bot Platz für 34 Dampflokomotiven.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage durch Bombenangriffe (1944/45) schwer beschädigt und musste in den folgenden Jahren wieder aufgebaut werden, da er als Rangierbahnhof eine wichtige Rolle für den Osnabrücker Eisenbahnverkehr spielte. Bereits in den 1950er Jahren konnte der Bahnhof wieder voll betrieben werden.
Der Güterbahnhof diente jahrzehntelang als wichtiger Knotenpunkt für den nordwestdeutschen Güterverkehr. Knapp 10 Jahre nach dem Wiederaufbau in Folge der verheerenden Angriffe auf den Bahnhof und damit auf die Infrastruktur der Stadt, wurde er in den 1960er Jahren erneut umgebaut.
Zu dieser Zeit geschah der Umstieg von Dampflokomotiven auf elektrische Züge, weshalb ab 1968 große Teile der Anlagen temporär stillgelegt und ab 1990 teilweise zurückgebaut wurden. Der Betrieb wurde 1997 durch die Deutsche Bahn gänzlich eingestellt und der Bahnhof verkam zum Lost Place.
Stilllegung und Zwischennutzung des Güterbahnhofs Osnabrück
Nach der Stilllegung 1997 verfiel das Gelände größtenteils, es entwickelten sich aber auch zeitweise alternative Nutzungen. So wurde ein Teil der alten Hallen als Veranstaltungs- und Clublocation genutzt: Beispielsweise bestand am ehemaligen Güterbahnhofsareal seit 2005 der Tanz- und Live-Club „Kleine Freiheit“, der bis Anfang 2022 am Standort in der Dammstraße 2 betrieben wurde. Viele alte Gleise und Hallen lagen jedoch leer, die Bahn-Tochter Aurelis brachte 2010 den früheren Güterbahnhof in Privatbesitz. Die Stadt Osnabrück hatte für das Areal einen Bebauungsplan erlassen, der ausschließlich gewerbliche Nutzung (aber keine Verkehrs-intensiven Einzelhandelsmärkte) vorsah. Da Investoren und Kommune lange uneins über Nachnutzungskonzepte blieben, kam die Weiterentwicklung des Geländes faktisch zum Stillstand. In Bebauungsplanung und Genehmigungsverfahren wurde jedoch verankert, dass der denkmalgeschützte Ringlokschuppen erhalten bleibt und für künftige Nutzungen umgebaut werden soll.
Umgestaltung zum Lok-Viertel
Stand Januar 2024: Abbrucharbeiten an den Hallen des ehemaligen Güterbahnhofs Osnabrück. Seit 2019 wurde der Durchbruch erzielt: Die Lok-Viertel-OS GmbH (eine Tochter der Aloys- & Brigitte-Coppenrath-Stiftung) erwarb das Gelände von den bisherigen Eigentümern. Unter dem Namen Lok-Viertel soll dort in den kommenden Jahren ein völlig neues Stadtquartier entstehen. Auf den 22 Hektar sind Wohnraum für über 3.000 Menschen sowie zahlreiche Arbeitsplätze vorgesehen. Teil des Konzepts ist das „Coppenrath Innovation Centre“ (CIC) im historischen Ringlokschuppen: Der ursprüngliche Bau von 1914 steht seit 1996 unter Denkmalschutz und wird nun für KI-Forschung, Ausstellungen und Veranstaltungen umgebaut. Ab 2024 laufen Tiefbau- und Kampfmittelsondierungsarbeiten, um das Gelände für den Neubau vorzubereiten.
Insgesamt dokumentiert der verlassene Güterbahnhof Osnabrück die wechselvolle Geschichte des Osnabrücker Eisenbahnverkehrs: von seiner Gründung 1914 über Hochbetrieb, Kriegszerstörung und Wiederaufbau bis zum schrittweisen Niedergang und zur heutigen Umwandlung ins Lok-Viertel. Mit dem Umbau zum Lok-Viertel verschwindet der große Lost Place aus Osnabrück für eine moderne Neugestaltung.
Heutiger Stand vom Güterbahnhof Osnabrück
Stand Mitte 2025 ist der ehemalige Güterbahnhof Osnabrück weitgehend zurückgebaut. Rund 20 Hallen und Nebengebäude wurden abgerissen, die Gleisinfrastruktur ist bis auf wenige Reste vollständig entfernt. Auf etwa 19 Hektar laufen seit 2024 großflächige Erdarbeiten und Kampfmittelsondierungen. Mehrere Blindgängerfunde führten zu Evakuierungen im Umkreis. Erhalten bleibt der denkmalgeschützte Ringlokschuppen von 1914, der derzeit zum Coppenrath Innovation Centre (CIC) umgebaut wird. Ein erster Teil davon – das „Innovatorium“ – ist bereits seit 2023 als Veranstaltungsort in Betrieb. Weitere Gebäude stehen nur noch vereinzelt. Der Baustart für das genossenschaftliche Wohnprojekt „WEICHE“ mit 80 Einheiten erfolgte im Mai 2025, die Gesamtentwicklung zum Lok-Viertel Osnabrück ist für rund 3.000 künftige Bewohnerinnen und Bewohner ausgelegt.