Ein unvorstellbarer Lost Place liegt unscheinbar in den bunten Wäldern Rumäniens, doch man darf sich ihm nicht nähern, denn die gesamte Region ist mit giftigen Stoffen belastet: Das Dorf Geamăna liegt mitten darin und verschwindet langsam vollständig und ist damit ein einzigartiger Lost Place.
Ein Dorf versinkt im Gift – das Schicksal von Geamăna
Geamăna in Rumänien liegt mitten in einem bergigen, grünen Fleck Natur. Zwischen dichten, kilometerlangen Wäldern gibt es neben einer Kupermine und ein paar Dörfern keine weiteren Spuren von Zivilisation. Doch ausgerechnet hier wird ein idyllisches, kleines Dorf zerstört – und das durch den Mensch.
Einst lag Geamăna idyllisch eingebettet im Apuseni-Gebirge, im rumänischen Kreis Alba, mitten im Herzen Siebenbürgens. Das abgelegene Tal war geprägt von traditionellen Holzhäusern mit kunstvoll geschnitzten Fassaden, umgeben von dichten Wäldern, rauschenden Flüssen und der Stille der Berge. – Kunstwut
Die Motivation für den Untergang des Dorfs ist, genau wie bei Immerath, der Kapitalismus. Doch der Weg dahin war offenbar weniger politisch umstritten und dauerte deutlich länger, als in Deutschland, denn in Rumänien versinkt ein Dorf im Gift und wird nicht einfach weggebaggert.
1970 begann der Untergang des einst hübschen, kleinen Dorfs in dem Tal in Siebenbürgen, bei dem auch der Ort Valea Șesii liegt. Geamăna gehört zur Gemeinde Lupșa, die langsam vor sich hin schrumpft, doch wieso überhaupt?
Die topografische Lage von Geamăna gibt einen ersten Hinweis auf die Gründe, warum dieses Dorf verschwindet, denn Geamăna liegt in einem großen Tal. Die holprigen Straßen, die entlang dieses Tals verlaufen, tragen neben den wenigen Autos, in denen größtenteils Touristen sitzen, die sich diese rumänische Sehenswürdigkeit anschauen wollen, auch Pipelines. Diese Pipelines führen schließlich zum Ursprung des Unheils von Geamăna: der Kupfermine oberhalb des Tals. Es ist die zweitgrößte Kupfermine Europas, in der rund 500 Menschen arbeiten: die Mine Rosia Poieni.
Geamăna: Kupfermine vergiftet die Umwelt
Früher, um 1970, war in Geamăna noch alles in Ordnung. Rund 1000 Menschen lebten hier, umgeben von der Natur. Dann wurde in der Nähe des Dorfes ein massives Kupfervorkommen entdeckt und prompt folgte der Beschluss, den kleinen Ort zu räumen, woraufhin rund 1000 Einwohner ihre Häuser verlassen mussten. Die meisten von Ihnen erhielten eine kleine Summe, um sich ein neues Zuhause zu suchen.
Viele der Familien lebten bereits seit Generationen in dem kleinen Dorf und einige Einwohner wollten ihre Häuser nicht aufgeben. Dennoch erfolgte die Flutung des Tals, beauftragt durch den damaligen Generalsekretär der rumänischen kommunistischen Partei. Der künstliche See im Tal von Geamăna, bestehend aus giftigen Stoffen, die bei der Kupfergewinnung anfallen, verschlang fortan Meter um Meter des Dorfes. Etliche Liter des giftigen Abwassers wurden sekündlich in das Tal gepumpt.
Der Silbersee von Geamăna – rot, grün, orange
Der giftige Stausee von Geamăna kennt viele Farben, die auch auf Satellitenbildern gut erkennbar sind. Die Farben sehen beeindruckend aus und es ist sofort klar, dass diese keines Wegs natürlich sind. Der Grund für die bunten Farben ist größtenteils die Bildung von Sauerwasser. Das Wasser kann teils mit einem stark sauren pH-Wert von 1,5-2 Schwermetalle wie Kupfer, Eisen, Zink und sogar Chrom, Arsen und Mangan enthalten. Diese teils sehr giftigen Stoffe sollen mithilfe von Kalkstein neutralisiert werden, welches dem Abwasser der Kupfermine beigemischt werde. An der Einspeisungsstelle, wo etliche Liter dieses giftigen Gemisches pro Sekunde in das Tal gepumpt werden, soll der Wald grau vom beigemischten Kalk sein. Es habe bei Messungen im Jahr 2012 zwar einen zehnfach erhöhten Messwert von Cadmium gegeben, doch ansonsten sei das Grundwasser in der Region unbeschadet. Die rötliche Färbung stammt teilweise von durch Regenwasser aus dem Gestein gelösten Mineralien.
Der See soll auch die extrem giftige Substanz Zyanid aufweisen, einer Blausäure, die beim Prozess der Cyanidlaugung zum Lösen von Erzen genutzt wird. Es bildet wasserlösliche Komplexe und löst das Metall aus dem festen Erz heraus.
Und so verschwindet das Geisterdorf
Der Pegel des giftigen Wassers aus der Kupfermine stieg immer weiter – jährlich um rund einen Meter, während die verbliebenen Einwohner immer weniger wurden. 2012 war die Kirche von Geamăna noch gut zu sehen. 2018 ragte lediglich noch der obere Teil des Kirchturms aus dem See. Zu dieser Zeit lebten noch elf Familien in Geamăna. Bei der Volkszählung 2021 wurden im Dorf Geamăna keine Menschen mehr registriert.
Um den See verteilt sollen noch 15 Menschen leben.
Der Frieden in dem Tal wurde durch den Kapitalismus gänzlich zerstört. Wurden einerseits Familien von ihren teils über Generationen bewohnten Häusern getrennt, versanken am Rande des Dorfes ihre auf dem Friedhof begrabenen Vorfahren im Gift. Zwar hatte man den Bewohnern von Geamăna vor der Flutung des Tals versprochen, die Gräber umzusiedeln, doch dieses Versprechen wurde nie eingelöst.
Die Zukunft von Geamăna
Die Kupfermine darf, genehmigt durch die Regierung, den künstlichen Giftsee noch um weitere 30 Meter über den bereits 2019 erheblichen Füllstand mit Schlamm vollpumpen. Dass die Natur und sogar ein Dorf zur Giftdeponie werden durften, hat 2019 auch ARTE in einem Film aufgegriffen, sechs Jahre später gefolgt vom Bayrischen Rundfunk. Unterdessen soll die Betreibergesellschaft der Kupfermine versucht haben, das Fotomotiv – den Kirchturm des versunkenen Dorfs – abzureißen. In Trockenzeiten ist die Oberfläche des Giftschlamms so fest, dass man sich auf dem Schlamm fortbewegen kann.
Waren damals die Grundwassermesswerte noch tolerabel, sind die Folgen der erheblich vergrößerten Dimension des Giftsees heute wohl nur noch schwierig einschätzbar – und trotzdem darf die Kupfermine weiterhin ihren Schlamm in das Tal leiten.
https://www.reisereporter.de/reiseziele/europa/rumaenien/lost-place-geamana-dieses-rumaenische-dorf-versinkt-im-gift-see-YDTPEH7CW7JD4KVY3GW5L6KAIW.html
https://www.kunstwut.de/2025/07/31/lost-place-dorf-geamana-versunken-in-gift/
https://www.boredpanda.com/geamana-village-sinking-industrial-waste-romania-amos-chapple
















